Dienstag, 31. Mai 2011

Tinchen, 9 Jahre alt, lebt nicht mehr

Ich lese dann und wann Todesanzeigen. Warum dem so ist, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Ich habe auch nicht vertieft darüber nachgedacht.

Todesanzeigen von Kindern betrüben mich immer, so wie diese hier. Dieses Kind ist friedlich in den Armen seines Papas eingeschlafen, lese ich, und kämpfe dabei gegen die Tränen.

Die Eltern laden alle ein - zum gemeinsamen Abschiednehmen am Sarg von Tinchen und, vier Tage später, zur öffentlichen Urnenbeisetzung.

Ich entnehme der Todesanzeige keinerlei Groll oder Revolte, im Gegenteil. Ich lese: wir sind dankbar für die gemeinsame Zeit.

Ich bewundere die Eltern, die Tinchen bis zuletzt bestimmt mit Hoffnung -vielmehr müsste man wohl von Akzeptanz sprechen- und grosser Liebe begleitet haben. Für sie wird das Leben wohl nie mehr so sein, wie es einmal war.

Und sie laden alle ein, zum gemeinsamen Abschied. Was für eine geballte Lebenskraft kommt hier zum Ausdruck.

Und beim Lesen dieser Todesanzeige geht mir noch manch Anderes durch den Kopf. In solchen Momenten erlebe ich die Welt per se als absurd. Der "abwesende Gott" kommt mir spontan in den Sinn, oder ist er gar zynisch, so es ihn gibt? Und: wann war ich das letzte Mal dankbar, und wofür?

Montag, 30. Mai 2011

Wochenbeginn

Eine anstehende berufliche Verpflichtung von heute Abend erfüllt mich weder mit Freude noch mit Kummer. Ich registriere vielmehr Gleichgültigkeit und ein bisschen Neugier. Ich sehe mich schon in diesem grossen Saal in Anzug und Krawatte, small talk hier, small talk dort, derweil draussen Sommertemperaturen herrschen. Die Welt als grosse Bühne, auf der alle ihre Rollen spielen, die einen maskiert, die anderen mehr oder weniger authentisch. Wer die Regie in diesem Theater spielt (so es eine gibt), bleibt mir allerdings ein Rätsel.

Samstag, 28. Mai 2011

Liebeslied für keine Unbekannte

Ich möchte am Abend mit dir auf fremden Balkonen sitzen,
das Licht wäre mollig und die Luft nicht mehr grell.
Ich käme gut aus mit mir, und wir würden den Tag rausschwitzen
Dann könnt ich dich lieben, eventuell.

Und dann breit ich mich
einfach aus in dir,
wir werden wesentlich,
und dann leben wir.
Und dein Lächeln fällt in kleinen Bissen
herab zu mir.

Ich möcht gegen Abend mit dir auf behäbigen Pferden reiten,
und das Land, das Land zerfließt unter unserem Schritt.
Die Sonne stirbt wie ein Tier, und man sieht sie die Augen weiten.
Und wir ziehn in ihr Rot und sterben mit.

Und dann breit ich mich
einfach aus in dir,
wir werden wesentlich,
und dann leben wir.
Und dein Lächeln fällt in kleinen Bissen
herab zu mir

Schlaflos

Schlaflosigkeit beherrscht mich.
Und dennoch bin ich müde, hundemüde.
Bilder dominieren meinen Kopf.
Keine Angstbilder, dafür ein kleines Durcheinander:
Vergangenes sucht mich auf und vermischt sich mit angeblich Zukünftigem.
Draussen: absolute Stille.
Es dauert nicht mehr lange, und die ersten Vögel werden zu zwitschern beginnen.
Müde werde ich jetzt ins Bett gehen.
Schlaf, komm, und lass mich ruhig träumen.

Freitag, 27. Mai 2011

Warum ich das Graue mag

.. dein Blog wird immer grauer ... Dabei dachte ich noch vor ein paar Tagen, dass ich dir wünschte du könntest das Bild (den Header) so zeigen, wie es in Wirklichkeit ist - nämlich farbig.

Ich frage mich bei schwarz/weiß Bildern oft, was den Menschen dazu treibt, freiwillig und mutmaßlich das Schöne auszublenden. Vielleicht hast du mir eine Antwort darauf?

Ein Fotograf, der hauptsächlich schwarz/weiß Bilder macht, sagte: "Grau ist die Farbe, die alle anderen in sich enthält. Nur die Mischung aus allem macht es grau. Außerdem lenkt grau von nichts anderem ab." Doch nach ein paar Tassen Kaffee und Geplauder wurde er ehrlicher und sagte, dass er sich weigerte, das Bunte der Welt zu sehen, denn es käme ihm angesichts seiner Herzschmerzen wie ein Hohn vor ...

Dabei ist es doch Trost! Peter, du beschreibst in den wundervollsten Farben die Natur, das Engadin beispielsweise - tut es nicht gut, sich an die schönen Bilder zu erinnern? Ist es nicht wundervoll zu wissen, dass die Natur uns ihre schönen Farben zeigt, ganz gleich wie gut oder schlecht wir drauf sind?
Selbst eine Stadt im Regen ist niemals ganz grau. Genauso wenig wie unser Inneres - irgendwo ist immer Licht, irgendwo ist immer Bunt - wir müssen es nur sehen wollen.

Ich wünsch dir ein schönes Wochenende, das dich mit irgendetwas Gutem und Buntem überrascht :)

Liebe Grüße,
Ju

Liebe Ju
Herzlichen Dank für Deine Bemerkungen!!

Vorerst einmal will ich gleich eines vorwegnehmen: Das Bild (Header) tausche ich gleich aus, weil ich glaube, dass das jetzige Bild in der Tat etwas suggeriert, was nicht zutreffend wäre: dass ich die Welt mit ausschliesslich pessimistischen Augen erlebe. Ich wähle neu ein Bild aus dem Bergell, dem südlich des Engadins liegenden Tal im Kanton Graubünden, aus. Es zeigt, welche wunderbaren Herbstfarben im Bergell zu bestaunen sind. Da kann ich mich jeweils beim Wandern und Sein nicht genug satt sehen. Vor allem auch: Der Herbst ist eine Phase des Übergangs. Tagsüber kann es noch schön warm sein, abends dann und in der Nacht kühlt es ab. Tagsüber scheint mal die Sonne, dann aber regnet es wieder, und ein zäher Nebel zieht auf. So mag ich den Herbst, weil er alles andere als langweilig ist - mal mit Licht, dann mit Schatten. Nach der üppigen Zeit des Überflusses bereitet sich die Natur auf härtere Zeiten vor: diese Spannung macht das Leben lebenswert.

Gleichzeitig halte ich fest: Grau empfinde ich als schöne Farbe, und nicht wenige Kleider von mir sind grau. In meiner Wohnung findest Du keine weissen Wände und Decken, sondern solche in einem sehr hellen Grau, was zum Holzboden einen angenehmen Kontrast schafft. Grau ist zwischen schwarz und weiss angesiedelt und lässt damit grundsätzlich gegensätzliche Interpretationen zu: mal neigt das Grau dem schwarzen Grundton (Pessimismus), dann aber dem weissen (Optimismus), ganz im Sinne von Goethes Farbenlehre: "Nannten wir das Schwarze den Repräsentanten der Finsternis, das Weiße den Stellvertreter des Lichts, so können wir sagen, daß das Graue den Halbschatten repräsentiere, welcher mehr oder weniger an Licht und Finsternis teilnimmt und also zwischen beiden inne steht" (Satz 249).

Je nach dem, wie ich mich mental fühle, kippt es mal auf die eine, dann auf die andere Seite. Oder aber, und dies ist meistens der Fall, bin ich im Grau zu Hause, also beheimatet, weil es in mir grau und nur grau ist, also halbschattig. Auch liege ich im Freibad lieber im Halbschatten, pure Sonne mag ich nicht. Und so ergeht es mir auch im Leben: das Grau erlaubt eine gewisse Distanz zur Welt und schützt damit vor allzu himmelhochjauchzenden Stimmungen, es soll mich aber auch daran erinnern, dass das Leben bunt sein kann und ich deshalb nicht zu Tode betrübt sein muss.

Nochmals herzlichen Dank für Deine Bemerkungen, die mich zum Nachdenken animierten und, nicht zuletzt, uns ein zauberhaftes Bild aus dem wunderschönen Bergell bescheren. Dir alles Liebe !

Freitagsmelancholie

Der Freitag, namentlich der Morgen, hat für mich etwas Melancholisches an sich. Er signalisiert Aufbruch und lässt in mir so etwas wie eine "Flughafenhalle-Atmosphäre" aufkommen: Koffer packen, zum Flughafen fahren, einchecken, auf das Flugzeug warten, das mich in eine andere Stadt bringt.

Abfliegen - Ankommen. Mit dem Flughafenbus in die Innenstadt fahren.

Durch die Strassen einer fremden und doch nicht fremden Stadt schlendern, ohne Strassenkarte und ohne Ziel, aber sicheren Schrittes. Schauen, wohin mich die Füsse bringen. Nicht wissen, wo ich mittags und abends essen werde. Überraschungen jeder Art zulassen: kleine Fluchten aus dem programmierten und durchorganisierten Alltag.

Donnerstag, 26. Mai 2011

Herunterfahren mit Mozart

Abends, wenn ich Stille brauche, weil es in meinem Innern tobt, höre ich gewissermassen als Gegengift gerne Mozart. Wenn es eindunkelt, suche ich meinen unruhigen Geist zu beruhigen bzw. zu zähmen. Fündig werde ich zum Beispiel bei der Zauberflöte in ihrer Zürcher Inszenierung, die in ihrer Doppelbödigkeit und symbolischen Kraft kaum zu überbieten ist.

Vor der Kasse

Heute war ich noch kurz am Einkaufen. An der Kasse vor mir ein alter Mann, dem das Gehen offensichtlich nicht leicht fällt. Er ist an der Reihe mit Bezahlen. Die verlangte Summe kann er nicht bar bezahlen - dies festzustellen brauchte eine kleine Ewigkeit. Dann probiert er es mit der ec-Karte. Ups, der Code ist falsch, Abbruch der Transaktion. Der Mann ist überfordert mit der Technik, denke ich, und gleichzeitig spüre ich eine gewisse Ungeduld: ich bin müde und gereizt. Der alte Mann versucht es nochmals, da, es klappt. Mühsam steckt er die Karte in seine Seitentasche. Damit ist das Prozedere noch nicht beendet. Er will noch eine Tragtasche und bewegt sich kaum nach vorne, so dass die Leute hinter mir langsam nervös werden. Auch ich bin gereizt, gleichzeitig will ich mich zügeln und denke mir: das wird dir eines Tages vielleicht auch passieren.

Bin ich so ungeduldig geworden? Warum reagiere ich so gereizt? Vielleicht liegt es ja am Wetter - immer eine gute Ausrede, die ein Weiterdenken vorerst als unnötig erscheinen lässt.

Mladic

Endlich.
Heute ist er verhaftet worden.
Er nannte sich General.
Doch vor allem war und ist er ein verrückter Massenmörder.
Vor nicht allzu langer Zeit: ein Massaker mitten in Europa.
Über 8'000 Menschen ermordet.
1995.
Viel zu lange schaute Europa dem Gemetzel zu.
Zauderte.
Bemühte das Völkerrecht, während dessen das Abschlachten längst begonnen hatte.
1995.
Erinnerung ist Befreiung.
Joschka Fischer sprach Klartext,
namentlich 1999,
am legendären Parteitag der Grünen zum Kosovo-Einsatz.
Er, der als Kriegshetzer beschimpft wurde.
Derweil der Schlächter Mladic sich als Helden feiern liess.
Mladic ist heute verhaftet worden - heute ist ein guter Tag.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Kleine Erkenntnis

In den Kindern erlebt man sein eigenes Leben noch einmal, und erst jetzt versteht man es ganz
(Kierkegaard, philosophische Schriften, Frankfurt 2007, S. 390).

So ist es, nur dass ich es immer noch nicht ganz verstehe. Es wird ein Geheimnis bleiben - gut so.

Dienstag, 24. Mai 2011

Mentale Stärke

Vieles im Leben hat mit mentaler Stärke bzw. Schwäche zu tun. Umso mehr gilt es, auf der mentalen Ebene zu wachsen und zu einer neuen Situation Ja sagen zu können statt mit angezogener Handbremse zu trotzen. Mein Ziel ist, mich nicht (weiter) hinter Sätzen zu verstecken wie "ich kann es nicht ändern" oder "es sind halt Sachzwänge". Natürlich, nicht "alles" ist im Leben machbar, und nicht sämtliche Rahmenbedingungen lassen sich wegdiskutieren. Der Diskurs der sog. "Sachzwänge" kann dennoch als Ausrede instrumentalisiert werden, nichts ändern zu wollen, mitunter mit fatalen Konsequenzen für das eigene Leben.

Ich bleibe dabei: es gilt, den inneren Widerstand der letztlich falschen (da irreführenden) Bequemlichkeit zu erkennen und ihn damit zu überwinden, um zu mehr Freiheit zu gelangen.

Abendessen

Nach dem Schwimmen hat man einfach Hunger - einen Bärenhunger. Bin gerade daran, Penne an einer wunderbaren Tomatensauce zuzubereiten. Hach, und dazu italienische Salami.

Und für mich ein kühles Bier.

Im Freibad

Ich habe das Privileg, heute Nachmittag mit meiner Tochter ins Freibad gehen zu können. Rein ins Wasser, dann wieder raus, rein, raus...später Fussball spielen, Eis essen, herum albern, erneut ins Wasser springen, sich dem Wasserspiel hingeben, unter den mächtigen Bäumen liegen, das Blaue des Himmels betrachten, wissend, dass dies nur kurze Momente sind, Momente, die in wenigen Jahren bereits der individuellen Geschichte gehören werden. Umso mehr gilt es, sie als das wahrzunehmen, was sie sind: kurze, aber umso intensivere Geschenke des Lebens, die so Manches, was um uns passiert, relativieren.

Fragen















  1. Wie würden Sie Ihren momentanen Zustand (mental, geistig und physisch) beschreiben?
  2. Was möchten Sie sein?
  3. Wo möchten Sie am Liebsten sein?
  4. Welchen Luxus leisten Sie sich?
  5. Was bevorzugen Sie: den Frühling, Sommer, Herbst, Winter?
  6. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
  7. Welche Gestalt der Geschichte verachten Sie?
  8. Ihre Heldinnen und Helden im wirklichen Leben?
  9. Ihre Lieblingstugend?
  10. Ihr grösster Fehler?
  11. Lieben Sie jemanden?
  12. Wenn ja: woraus schliessen Sie dies?
  13. Was verabscheuen Sie am meisten?
  14. Welche Gabe möchten Sie besitzen?
  15. Wem wären Sie lieber nie begegnet?
  16. Wem möchten Sie gerne begegnen?
  17. Hinter welches Geheimnis möchten Sie kommen?
  18. Wie möchten Sie sterben?
aufgeschnappt im "Bund" und frei ergänzt
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Montag, 23. Mai 2011

Diffuse Ängste

Kurz vor dem zu-Bett-gehen erfasst mich heute Abend eine diffuse Angst, umfassend und in einem existenziellen Sinn zu scheitern. Es sind Ängste, die ich seit Jahren kenne und die mich manchmal heimsuchen. Auch wenn es objektive Gründe hierzu nicht geben mag, sie sind dennoch da. Sie sind lähmend und bedrohlich, verschwinden aber in der Regel ebenso schnell wie sie gekommen sind. Was Not tut ist Vertrauen in das Leben zu haben. Nicht immer will mir dies gelingen.

Kind sein wollen

Meine Tochter singt gerade unter der Dusche, sie wischt sich den heutigen Tag ab, ehe sie bald ins Bett geht und friedlich zu Mozarts Musik einschlafen wird. Sie ist ein fröhliches Kind, das den Kummer noch kaum kennt.

Manchmal ertappe ich mich beim Gedanken, wieder ein Kind sein zu wollen.

Das ganze Leben noch vor mir haben zu können, nochmals die Weichen stellen zu können.

Nochmals beim Punkt 0 beginnen zu können.
Papa und Mama haben zu können, mit ihnen spielen zu können.
Einfach sein zu können, ohne an morgen zu denken.

Nicht an Rechnungen denken zu müssen, an Steuererklärungen und Katastrophen.
Alles neu entdecken zu können, die Wunder der Natur, die Kräuter des Waldes.
Herumtollen zu können, ohne sich die Frage stellen zu müssen, was andere wohl dazu meinen.

Wenn ich es denn wieder sein könnte, ein Kind, was würde ich wohl in Kenntnis meines bisherigen Lebens anders machen?

Täte ich wirklich anders entscheiden?
Gerne wüsste ich es.

Nüchternheit

Ich bin nüchterner geworden in letzter Zeit. Das hat wohl etwas mit dem Alter zu tun: euphorisch werde ich nicht mehr, und sei auch ein neuer Arbeitsvertrag oder sonst etwas Aussergewöhnliches zu Stande gekommen. Stumpfe ich ab, gewissermassen als Selbstschutz vor Enttäuschungen? Vielleicht, ich weiss es nicht, ganz ausschliessen will ich es nicht.

Auf Höhenflügen können jähe Abstürze folgen. Man lebt besser, wenn man beide Extreme vermeiden kann. Doch auch diese Erkenntnis bleibt eine Gedankenkonstruktion, die vermutlich nicht lebenstauglich ist.

Montag

Immer wieder versuche ich, im Moment zu leben. Letztes Wochenende ist mir dies ansatzweise -immerhin- gelungen, namentlich während der langen Wanderung. Schweigen, wandern, essen (meistens schweigend), wandern und nochmals wandern. Es ist nicht zuletzt auch eine Frage der "Gedankendisziplin", ob dies gelingt oder nicht. Die Suche nach dem inneren Frieden wird für mich ein steter Kampf bleiben.

Freitag, 20. Mai 2011

Wochenende

Nun also wieder Wochenende.
Wandern, schwimmen, in einem gewissen Sinn auch abtauchen.
Das Handy nicht auf Empfang stellen,
weil ohnehin nichts Neues zu berichten wäre.
Keine Zeitungen, kein Internet.
Weg sein.

Ich wünsche allen ein friedliches Wochenende.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Von besonderen Landschaften















Hermann Hesse für Ju zu ihrem Beitrag über Zug:

Gesehen habe ich viele Landschaften und gefallen haben mir beinahe alle, aber zu schicksalhaft zugedachten, mich tief und nachhaltig ansprechenden, allmählich zu kleinen, zweiten Heimatländern aufblühenden wurden mir nur ganz wenige, und wohl die schönste, am stärksten auf mich wirkende von diesen Landschaften ist das obere Engadin (aus Engadiner Erlebnisse 1953)

Train People

Schlicht gute Musik, jenseits von Kitsch und Sentimentalität.
Sie hat beinahe etwas Klassisches an sich.
Ich mag sie besonders abends, wenn ich innere Ruhe finden will.

Langjährige Partnerschaften

Ich stelle mir vor:

Ein Paar (in einer Ehe oder einem Konkubinat lebend) kennt sich schon seit 10, 15 oder 20 Jahren. Was sie vor allem verbindet ist Vertrautheit. Vertrautheit der Gedanken, der Gefühle, des Intellekts, der alltäglichen Bewegungen. Eigentlich haben sich beide in einem gewissen Sinn auseinandergelebt, und doch haben sie sich gern. Sie wissen, was sie vom anderen erwarten dürfen, sie wissen, dass sie sich vertrauen dürfen. Sie unterstützen sich gegenseitig und nehmen sich für den anderen Zeit, wenn Probleme vorhanden sind. Auch wenn sie sich nicht mehr lieben als Mann und Frau: sie lieben sich dennoch, einfach "anders", nicht nach dem üblichen Schema: Die körperliche Komponente ihrer Liebe ist zu einer weit umfassenderen Liebe mutiert. Sie teilen sich manch Geheimnis, sie unternehmen Vieles zusammen, und sie lieben auch ihre gemeinsamen Kinder. Nur eines teilen sie nicht mehr: das gemeinsame Bett. Und wenn sie es dennoch tun, dann bleibt etwas draussen: die Leidenschaft.

Soll sich dieses Paar deswegen trennen? Heute sehe ich eine solche Konstellation pragmatisch: Warum nicht ein Arrangement treffen? Warum sich nicht gegenseitig zubilligen, dass sie ihre leidenschaftlichen Seiten und sexuellen Bedürfnisse "woanders", das heisst ausserhalb ihrer Beziehung, ausleben können? Warum dieses Entweder-Oder, dieses Schwarz-Weiss-Denken, vor allem: dieses besitzergreifende Denken? Ich meine: etwas mehr Ehrlichkeit gerade in langjährigen Beziehungen wäre angebracht. Ein offenes Gespräch auch und gerade über emotionale und sexuelle Bedürfnisse würde manches Unheil, manches Leiden ersparen.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Immer wieder Distanz schaffen

Nachmittags bin ich mit meiner Tochter schwimmen gegangen, später dann Fussball gespielt. Ich merke, wie gut mir dies alles tut, weil es Distanz schafft, Distanz zum Alltag und zu seinen (kleinen) Sorgen. Im Spiel gelingt es mir, ganz im Augenblick zu sein, an nichts zu denken, einfach nur spielen mit der Tochter, die es liebt, mit ihrem Papa den Clown zu machen. Nichts macht so glücklich wie das Leben im Augenblick. Gleichzeitig lauert sie mich immer wieder auf, die sog. "Zukunft", die mich so verrückt machen kann, die mich antreibt und mich in die Irre laufen lässt.

Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu schmieden. Ja, genau so ist es.

Tun, was einem gefällt

Heute Morgen bin ich auf der Strasse zufälligerweise einem ehemaligen Arbeitskollegen begegnet. Er erzählt mir wie beiläufig, dass er gar nicht mehr arbeite. Alle 10 Jahre tue er das, nämlich für 3 bis 6 Monate Urlaub nehmen, unbezahlten Urlaub. Dieses Mal hätte es schon etwas Mut gebraucht, den gut bezahlten Arbeitsplatz zu verlassen, immerhin sei er jetzt 57 Jahre alt, aktiv ewerben könne man sich da nicht mehr in seinem Alter, und wenn man es doch tue, dann denken die Personalchefs: Hilfe, ein Verrückter. Aber er hätte es einfach machen müssen, er wolle noch so viel lesen, schreiben und einfach Musse haben.

Ich kenne seinen Hintergrund nicht. Vielleicht hat er etwas geerbt oder hat sonstwie Geld auf die hohe Kante gelegt. Aber nichtsdestotrotz ist es mutig, in diesem Alter mir nichts dir nichts den Job an den Nagel zu hängen und seinen Leidenschaften nachzugehen, seinen Alltag souverän zu gestalten und sich diesem Abenteuer zu stellen.

Dienstag, 17. Mai 2011

Liebe ist kein Zufall (?)

Liebe ist kein Zufall, lese ich hier.

Wirklich?

Kann man Liebe steuern bzw. mittels wissenschaftlicher Kriterien "erkaufen"? Daran mag ich nicht glauben. Liebe kommt, wann immer sie will. Sie ist launisch, unberechenbar und kann jederzeit und überall "zuschlagen". Michel Sardou, der französische Liedermacher, hat es auf den Punkt gebracht: Liebe ist nicht beeinflussbar, sie kann jeden erfassen, wo immer er bzw. sie sich örtlich befinden kann. Sie kennt keine Grenzen, nicht solche des Alters, des Standes, des Geldes. Nein, auf dem Gebiet der Liebe verzichte ich lieber auf Wissenschaftlichkeit. Wo bliebe denn sonst der Zauber und das Mysterium der Liebe?

Montag, 16. Mai 2011

Strauss-Kahn

Was sehen wir hier auf diesem Bild?

Wir sehen einen etwas älteren Herr, der ganz offensichtlich von Sicherheitskräften schnellen Schrittes abgeführt wird.

Er scheint gefährlich zu sein, darauf deuten die Handschellen (zwar nicht sichtbar, aber die Haltung der Arme hinter dem Rücken lassen diese Vermutung zu) und die Anzahl Beamten, die diesen Mann abführen.


Er macht ein sehr ernstes, beinahe verbittertes Gesicht. Er sieht müde und abgekämpft aus.

Was sagt uns dieses Bild?
Es konstruiert eine Wirklichkeit, welche uns folgendes mitteilen könnte (Stichworte, nicht abschliessend):
  • die amerikanische Justiz ist unerbittlich in ihrem Bestreben, Gerechtigkeit walten zu lassen, unabhängig von Rang, sozialer Klasse und Namen der Angeklagten.
  • in den USA herrscht das Recht und nur das Recht.
  • die amerikanische Justiz fackelt nicht lange - der mächtige Mann des IWF soll bald vor dem Haftrichter erscheinen. Bei einer Verurteilung drohen ihm theoretisch maximal 20 Jahre Gefängnis.
  • die amerikanischen Behörden arbeiten sehr effizient: Strauss-Kahn wurde aus dem bereits abflugbereiten Flugzeug abgeführt, aus der First-Class notabene. Das muss für die Passagiere ein Spektakel gewesen sein.
Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Medienereignis sondergleichen, und wir schauen hin, natürlich.

Ist Strauss-Kahn Opfer einer politischen Intrige geworden? Die ersten Verschwörungstheorien machen die Runde. Doch wer hätte Interesse daran, ihn in eine solche Lage zu manövrieren? Und vor allem: wer ist in der Lage, solches in die Wege zu leiten?

Was passierte genau in seiner Suite an jenem Morgen? Er habe sein Zimmer offensichtlich überstürzt verlassen, liest man in den Zeitungen. Das Handy habe er jedenfalls im Zimmer zurückgelassen, sagt die Polizei. Was natürlich nichts heisst.

Die umtriebige Tochter von Le Pen, die Anführerin des rechtsextremen Front National, erklärt schon mal auf Vorrat, man wisse ja, was dieser Herr Strauss-Kahn für ein problematisches Verhalten gegenüber Frauen an den Tag lege.

Oder war alles viel banaler? Das Zimmermädchen kommt in sein Zimmer, will aufräumen, Strauss-Kahn ist noch unter der Dusche, hört etwas, kommt vom Badezimmer ins Zimmer (im Bademantel), stolpert über den Teppich und sagt bei seinem Sturz "ooooohh", und das Zimmermädchen versteht dann bloss "blooooow".

Satire ist wohl nicht angebracht.

Niemand weiss zum jetzigen Zeitpunkt etwas genauer. Aber die politische, allenfalls auch die berufliche Laufbahn von Strauss-Kahn ist vorzeitig beendet worden.

Eine Intrige?

Oder ist Strauss-Kahn im Gegenteil ein unberechenbarer, von Trieben beherrschter Mann, der sich schlicht nicht im Griff hat?

Es ist selbstredend richtig, Anklagen auf den Grund zu gehen, wer immer der Beschuldigte sei.

Nur: das Theater rund um seine Verhaftung, namentlich aber den Pathos der amerikanischen Untersuchungsbehörden, finde ich widerlich.

Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus

Manche Situationen bzw. Erwartungen im Leben erachte ich als schlicht hoffnungslos. Eine Liebe zum Beispiel kann hoffnungslos sein, weil die Umstände kein Zusammenwachsen erlauben, aus welchen Gründen auch immer.

Mit der Hoffnungslosigkeit, so hat es Sartre erkannt, beginnt aber der wahre Optimismus dessen, der nichts erwartet. Ich weiss sehr wohl, dass dies ein sehr hoher Anspruch ist, nichts zu erwarten, und in dieser reinen Form wird er wohl auch nie zum Tragen kommen. Doch sobald ich etwas erwarte, kann ich, folgerichtig, enttäuscht werden. Diese Einstellung kann auch ins Defätistische kippen, indem ich alles, was um mich herum und mit mir passiert, mit Demut -oder schlicht achselzuckend- zur Kenntnis nehme. So hat es Sartre wohl sicher nicht gemeint. Der wahre Optimismus, so wie ich ihn verstehe, lässt keine rosaroten Brillen zu, er ist nüchtern und akzeptiert in einem übergeordneten, existenziellen Sinn verstanden, die Bedingungen menschlichen Daseins. Dazu gehören auch Trauer, Einsamkeit und Tod. Der Mensch ist in seinem Handeln frei: er entscheidet immer -auch wenn er vermeintlich "nicht entscheidet"- und trägt immer die Konsequenzen seines Handelns.

Ich lerne: die Sehnsucht, die ich in mir trage, soll frei von Hoffnung sein, ja sie ist es auch. Ich erwarte nichts von ihr. Ich nehme sie an, ich spüre ihr nach und versuche zu verstehen, was mir diese Sehnsucht sagen will. Vielleicht werde ich dereinst noch zu einem wahren Optimisten.

Leck mich am A !

Manchmal, so auch heute Abend, möchte ich der Welt einfach zurufen: ach, leckt mich doch alle am A.! Bei dieser kleinen Weltbeschimpfung kommt mir der gute Mozart in den Sinn, der hierzu einen schönen dreistimmigen Kanon komponierte (KV 233).

Danke, Amadeus!
ps: meine Tochter wird von diesem frivolen Liedchen noch nichts erfahren .-).

Leck mire den A.. recht schon,
fein sauber lecke ihn,
fein sauber lecke, leck mire den A...
Das ist ein fettigs Begehren,
nur gut mit Butter geschmiert,
den das Lecken der Braten mein tagliches Thun.
Drei lecken mehr als Zweie,
nur her, machet die Prob'
und leckt, leckt, leckt.
Jeder leckt sein A... fur sich.

Samstag, 14. Mai 2011

Sonntag

Was ich wohl tun werde an diesem verregneten Sonntag?
Ausschlafen bis ca. 0800 Uhr.
Die Tochter wird um diese Zeit bereits munter sein.
Gemeinsam basteln, zeichnen. Musik hören.
Gemeinsam musizieren, dazu lautes Singen zu Liedern von Mani Matter.
Ausgiebiges Frühstück.
Nachmittags eine interessante, kindertaugliche Ausstellung besuchen.
Abendessen.
Und schon ist das Wochenende wieder vorüber.
Ob es Überraschungen bringen wird?
*
Mit diesem Song im Ohr -nicht nur passend zum aktuellen Wetter, sondern auch zu meinem Gemütszustand- gehe ich nun ins Bett. Ich hoffe auf einen friedlichen, ruhigen Schlaf.

Lieber Max Frisch


Morgen Sonntag bist du vor 100 Jahren auf die Welt gekommen. In der Schweiz wird dieser Anlass mit etwas Pomp gefeiert, was du wohl dazu meinen würdest? Ich denke, Du hättest gar nicht so viel dagegen. Eitel warst du ja, und, verzeihe mir diese Bemerkung, selbstverliebt. Austeilen konntest du, aber mit dem Einstecken hattest du schon eher Probleme. Aber ich mag deine Literatur, nein, mehr noch: sie ist für mich essenziell. Mit etwa 20 begann ich, deine Bücher zu lesen. Homo Faber, Stiller, mein Name sei Gantenbein, Biografie-ein Spiel, Andorra. Diese und weitere Werke hatte ich als junger Mann gierig aufgenommen, und seither lese ich sie immer wieder, mal weniger, mal intensiver. Es ist für mich in diesem Zusammenhang sehr interessant zu sehen, was ich damals in den Büchern unterstrichen hatte oder mit gelbem Leuchtstift markierte. Manchmal staune ich, was ich zu jener Zeit als für mich wichtige Stellen empfand. Dies nur nebenbei notiert, das sagt vieles über den Leser aus und wie er sich danach weiterentwickelt -oder zumindest verändert- hat.

Geschichten anprobieren wie Kleider (mein Name sei Gantenbein)...mit alternativen Lebensentwürfen spekulieren...wer sind wir eigentlich? wohin gehen wir? und wozu sind wir fähig?

Aktuell lese ich gerade wieder deine Parabel "der Mensch erscheint im Holozän". Die Präzision des Textes ist umwerfend, die schlichte Eleganz der Sprache ist an manchen Stellen atemberaubend. Den Dauerregen, den du dort beschreibst, kann ich buchstäblich spüren, die zunehmende Einsamkeit der Hauptperson, Herr Geiser (der so viel Zeit hat, zuviel Zeit), der sein Ende kommen sieht und dieses einbettet in ein Kontinuum
der Erdgeschichte, ebenso.

Wenn ich mit Frauen über dich spreche, so höre ich immer wieder die lapidare Bemerkung "Männerliteratur". Ich denke schon, dass du die Welt vorab aus deiner männlichen Perspektive beschrieben und erfahren hast. Deine Helden -auch wenn sie am Leben scheitern- sind wohl nicht umsonst alles Männer. Das "Bürgertum" hast du als feindliches Gebilde erachtet. Warst nicht auch du ein verkappter Bourgeois? Nein, da protestierst du, sicher zu recht. Du warst ein streitbarer Demokrat, ein Sozialdemokrat, der -diese Episode kommt mir spontan in den Sinn- mit Pathos am Parteitag der SPD auftrat -war das 1976?- und den Genossinnen und Genossen Mut machte, den eingeschlagenen Weg -mehr Demokratie wagen, wie es Brandt nannte- unbeirrt fortzuführen. Der Applaus war gewaltig, und du hast ihn mit Wonne genossen und ausgekostet.

Eines ist gewiss. Deine scharfsinnigen Beobachtungen und Analysen fehlen heute. Gerne würde ich mit dir über dieses oder jenes diskutieren, streiten, entweder bei dir im alten Steinhaus in Berzona oder in einer deiner Lieblingsbeizen von Zürich, in der Kronenhalle, dort, wo auch das Bürgertum ein und aus geht, freilich das diskrete, aber das hat dich wohl nicht gestört. Ganz in der Nähe ist auch das Opernhaus, aber das besuchtest du, glaube ich, kaum. Dafür hattest du wohl kein Musikgehör.

Alles Gute zu deinem 100. Geburtstag, lieber Max Frisch, auch wenn du ihn persönlich nicht mehr erleben kannst. Deine Literatur lebt weiter, ja ich denke, so lange es Menschen gibt, gibt es deine Bücher, die gerade heute wieder entdeckt und von jungen Menschen mit Interesse und Neugier gelesen werden. Wer bin ich? Diese Frage bleibt zentral, weshalb du nie aus der Mode geraten wirst, vor allem auch deswegen nicht, weil du keine dazugehörigen Antworten geliefert hast.


Freitag, 13. Mai 2011

Roter Wein

Heute Abend habe ich zuviel von jenem roten sizilianischen Wein getrunken. Eine ganze Flasche haben wir leer getrunken und dabei ganz schön gelacht. Meine Exfrau und ich tun dies zeitweise. Dazu lautes Debattieren, Pasta und italienische Salami. Nun bin ich wieder zu Hause, die Tochter schläft tief und fest. Ich bin müde und wach zugleich und freue mich auf das bevorstehende Wochenende. Regen ist angesagt - sehr gut. Ausspannen, mit der Tochter spielen, bloss sein und nicht an die neue Woche denken, die viel zu früh beginnen und mich an die zahlreichen Baustellen erinnern wird, die vor mir stehen.

Donnerstag, 12. Mai 2011

Selbstdiagnose

Heute habe ich mich einmal mehr gefragt, ob ich allenfalls an einer "depressiven Verstimmung" leide. Folgende Symptome werden in diesem Zusammenhang aufgelistet - meine dazugehörigen Stellungnahmen liefere ich gleich mit:

  • dauerhafte niedergeschlagene /trübe Stimmung: nein, dauerhaft bestimmt nicht.
  • niedriges Selbstwertgefühl: nein. Aber manchmal unschlüssig, ob ich in einer bestimmten Situation adäquat gehandelt habe.
  • Weinerlichkeit: Selten. Zur Zeit allerdings akut, wenn ich Mozart höre.
  • Schuldgefühle: Nein. Ich wüsste nicht warum.
  • Wunsch allein zu sein / sich zu isolieren: Nein.
  • geringe Motivation: manchmal bin ich etwas antriebslos, kann mich aber aufraffen und meinen Alltag gut bewältigen.
  • fehlende Interessen: Nein
  • Verlust von Freude: Ja, manchmal schon (oder soll man permanent glücklich sein?).
  • Reizbarkeit: selten
  • Hoffnungslosigkeit: Ja, manchmal schon. Und dann intensiv.
  • Hilflosigkeitsgedanken: selten.
  • Selbstmordgedanken: Nein, nie.
  • Gedanken, andere zu verletzen (z.B. ein Baby): Nein
  • vermindertes sexuelles Interesse: Nein !
  • Morgentief: Nie
  • Angst: Ja (manchmal), diffus. Ich würde es aber eher als Pessimismus bezeichnen.
  • Grübelgedanken, zwanghaftes Denken und Handeln: Grübeln ja, zwanghaftes Denken und Handeln nein.
  • Schwierigkeiten mit Entscheidungen: Ja, manchmal schon .
  • Grübelgedanken über eigene Kinder: Nein.

Körperliche Beschwerden bei Depressionen

  • verlangsamte Bewegungen: Nein.
  • Schlafstörungen: Manchmal.
  • verlangsamte Sprache: Nein
  • Appetitänderungen (meist vermindert, manchmal aber erhöht): Nein
  • Gewichtsänderungen (meist Gewichstabnahme, selten Zunahme): Nein
  • Schmerzen: Probleme dann und wann mit dem Rücken, aber wer hat das schon nicht?
  • Energielosigkeit: manchmal, vor allem dann, wenn ich mich zu wenig bewege.
  • Verdauungsbeschwerden / Obstipation: Nein
  • diffuse körperliche Beschwerden: selten
Und jetzt?
Ich habe schlicht eine Lebenskrise.
Dagegen gibt es keine Pharmaka, zum Glück.
Ich weiss: Krise als Chance - ob ich sie nutzen werde?

Mittwoch, 11. Mai 2011

Vom Neuanfang

Es ist nicht einfach, den "Neuanfang" zu wagen - beruflich wie privat. Man trennt sich nur ungerne von dem, was man kennt. Das Unbekannte macht Angst, mindestens löst es Skepsis aus, oftmals Abwehr. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht, wie wahr. Selbstredend bin auch ich Gefangener meines eigenen Gefängnisses und zaudere, einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Zweifel beherrschen mich und führen zeitweise zu nächtlicher Schlaflosigkeit. Ich bin Gefangener meiner eigenen Wahrnehmung, ja ich kenne nur das, was ich sehe, vermeintlich sehe. Offenbar bin ich durch und durch Schweizer, ich könnte auch schreiben: Europäer. Amerikaner haben da weniger Skrupel, sie sind, historisch und kulturell bedingt, zweifelsohne mutiger als wir und bereit, (wirtschaftliche) Risiken auf sich zu nehmen. Sie können "mal oben", dann wenig später auch "ganz unten" sein und erachten dies nicht als Schicksalsschlag. Ich bin weit davon entfernt, amerikanische Zustände für Europa herbeizusehnen. Aber "etwas mehr Amerika" -damit meine ich: mehr Mut zum individuellen Risiko- täte uns allen gut.

Mit Bange stelle ich fest, dass ich so etwas wie saturiert bin, und dieser Zustand führt zu Bequemlichkeit und Ängstlichkeit. Ich trage einen Kampf mit mir selber aus, kämpfe gegen innere Widerstände und Ängste.

Ich weiss aber sehr wohl: nur wer kriecht, stolpert nicht.

Nachtrag
Irgendwie passend zu meiner aktuellen Stimmung, kurz vor dem Sprung ins kühle Nass im nahe gelegenen Freibad

Dienstag, 10. Mai 2011

Fussball

Heute Abend habe ich Fussball gespielt - mit meiner Tochter. Das war ein Gaudi. Ich im Tor, dann sie, ein hin und her, mal ein Pfostenschuss, mal ein Tor, mal voll daneben. Herumspringen, dem Ball nachspringen, in Bewegung sein.

Vor allem:
immer wieder Kind sein, immer wieder etwas verrückt sein, ganz im Spiel sein, ganz im Augenblick. Das Leben wird so erträglicher.

Kühles Wasser für die Seele

Was mir und meiner Seele einfach gut tut ist Schwimmen im kühlen Wasser (im Idealfall nicht über 16 Grad). Nach ein paar Runden fühle ich mich fit, und all die Probleme, die ich mit mir herum schleppe, relativieren sich. Nach einem solchen Kältebad sieht die Welt für mich wesentlich positiver aus, jedenfalls weniger bedrohlich. Ich merke zusehends, dass ich kalte Temperaturen benötige, um einigermassen psychisch fit zu sein. Seicht-warmes Meerwasser ist demgegenüber nicht mein Ding.

Montag, 9. Mai 2011

temporäre Resignation

Der Pfad zwischen mentaler Stärke und mentaler Schwäche ist schmal. Ich ertappe mich immer wieder - so auch heute Abend - dass ich in negative Stimmungen fallen kann. Dann sehe ich nur noch Berge vor mir, alles wird schwer und letztlich hoffnungslos. Mir ist bewusst, dass dies Gedankenkonstrukte sind, die mich im Griff haben. Es ist nicht einfach, mich in solchen Situationen von ihnen loszureissen und guten Mutes den Alltag anzupacken. Dann versuche ich, Gegenwelten zu entwerfen: was macht mir Freude, wo kann ich Kraft tanken? Schreiben tut mir auch gut, es hilft mir, die Gedanken zu strukturieren und damit Ordnung zu schaffen. Die bevorstehende Nacht möge mich tief schlafen lassen, denn nachts in wachem Zustand erscheinen mir meine Probleme viel wuchtiger und belastender als während des Tages.

Was ich mir wünsche: schlicht etwas mehr Ruhe im Geist, Gelassenheit und Vertrauen in das Leben.

Gunter Sachs

Gunter Sachs, Lebemann und Playboy, hat sich in seinem geräumigen Luxuschalet in Gstaad das Leben genommen. In seinem Abschiedsbrief erklärte er, dass er an Alzheimer erkrankt sei und es nicht länger ertrage, Zeuge seiner unheilbaren Krankheit zu sein. Er, der Ästhet, der alles Schöne dieser Welt über alles liebte, wollte nicht dahinsiechen. Wollte vielmehr bis zum letzten Augenblick seines Lebens Herr über seine Sinne sein, nicht abhängig werden von Drittpersonen, nicht dahinvegetieren irgendwo in einem Altersluxusheim.

Gunter Sachs war ein Mensch, dem äussere Reize sehr wichtig waren: schnelle Autos, schöne Frauen, Geld, Status...hatte er demgegenüber zu wenig innere Werte? War er so besessen vom äusseren Schein, dass er es nicht ertrug, dem Leben seinen natürlichen Lauf zu lassen? Wollte er so etwas wie ewige Jugend? Ewige Potenz? Ewig im Mittelpunkt des weiblichen und gesellschaftlichen Interesses stehen?

Ich kann seine Motivation durchaus nachvollziehen. Auch ich möchte nicht Spielball von Pflegenden werden, abhängig von ihnen sein in jeder Hinsicht, nicht mehr fähig sein, selbständig eine Dusche zu nehmen, nicht mehr fähig sein, mich morgens rasieren zu können. Schlimmer noch: bei vollem Bewusstsein zu registrieren, dass die geistigen und körperlichen Fähigkeiten abnehmen, dass der Orientierungssinn nicht mehr in Ordnung ist, dass das Gehirn schlicht nicht mehr das leisten kann, was es eigentlich leisten sollte.

Einerseits finde ich es traurig, dass ein Mensch es offenbar nicht ertragen kann, alt zu werden mit allen Begleiterscheinungen, die bei diesem natürlichen Prozess gegeben sind bzw. sein können. Doch man kann es auch anders sehen: Gunter Sachs war in seinem Leben und Handeln radikal bis zu seiner endgültig letzten Entscheidung. Er wollte nur eines: das volle, üppige Leben, und sonst gar nichts. Mit dem "anderen" Leben, den Schattenseiten, wollte er einfach nichts zu tun haben. Er wollte in aller Souveränität sterben, selbstbestimmt und bei vollem Bewusstsein.

Freitag, 6. Mai 2011

Wochenende steht vor der Tür

...und ich werde ein ganz "normales" Wochenende haben, soviel steht schon jetzt fest. Also: keine Aufregungen, keine Überraschungen auch. Einfach Wochenende ohne tiefgehende Emotionen.

Wandern, schwimmen, essen, ein Glas Wein.
Smalltalk.
Blick auf die Berge.
Samstags Grillade, irgendwo draussen.
Schwitzen, da warme Temperaturen.
Und nachts tief schlafen.

Und versuchen, auf Nichts zu warten.
Und versuchen, sich keinen Illusionen hinzugeben.
Und versuchen, an nichts zu denken.

Anders formuliert:
die bevorstehenden Herausforderungen für das Wochenende sind hoch, vermutlich zu hoch gesteckt. Doch wo die Kraft auch fehlt, so ist der Wille zu loben.

Und in meinem Kopf wird mich Donna Anna aus Mozarts Don Giovanni unnachgiebig verfolgen und mich dabei an meine Sehnsucht erinnern, mag sie noch so hoffnungslos sein.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Hochs und Tiefs

Ich würde meinen Alltag als volatil bezeichnen: Hochs wechseln sich mit Tiefs ab. Ich schlage mich durch den Dschungel des Alltags durch, bin diszipliniert und in einem gewissen Sinne auch eisern. Dann ertappe ich mich wieder in einer melancholischen Phase, träume etwas vor mich hin. Mentale Wankelmütigkeit bestimmt zur Zeit mein Leben. Diesen Zustand mag ich nicht, doch mittels Knopfdruck lässt er sich nicht wegzaubern. Lebenskrise, so muss die Diagnose wohl heissen.