Donnerstag, 8. Juli 2010

Am frühen Morgen

Der frühe Morgen namentlich des Sommers birgt etwas Geheimnisvolles in sich: ich jedenfalls habe oftmals das Gefühl, alles sei in diesem Moment möglich, alle Wünsche und Hoffnungen, die in uns schlummern, liessen sich, wann auch immer, erfüllen. Ich nenne dies die frühmorgendliche Illusion. Spätestens gegen Mittag, wenn die bleierne Hitze unbarmherzig alles zum Kochen bringt, werde ich müde, schlapp und neige zur Trägheit. Doch frühmorgens verspüre ich die brennende Lust, meine Sehnsucht zu stillen und aufzubrechen, den Zug und das Flugzeug zu nehmen (die Destination wäre alles andere als dem Zufall überlassen), um -ganz meiner innigen Zuneigung gehorchend- zumindest für einen Augenblick ganz weg zu sein, weg vom Alltag, von der Arbeit, von den Verpflichtungen des Lebens. Doch statt dessen bin ich im Büro, Arbeit gibt es genug, doch motiviert bin ich wenig, ich erledige meine Arbeit mechanisch (da routiniert - ich kenne den Laden und die Prozesse) und ohne Enthusiasmus.

Ich lasse mich nun ablenken und werde einen frischen Orangensaft trinken gehen, werde kurz den noch vorhandenen Schatten in den Gassen geniessen und die noch angenehme Frische auf mich einwirken lassen. Sehnsucht ist wirklich ein seltsames Gefühl, ein Gefühl, das mich gänzlich packen kann. Neulich bin ich einem Sprichwort begegnet: wer die Rose liebt, wird auch ihre Dornen mögen. Ja, so ist es, auch wenn ich insgeheim die Dornen verdamme und ich vom sinnlichen Duft der Rose nie genug bekommen kann.

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