Montag, 15. Juli 2013

Baustellen

Baustellen faszinieren - zumindest Männer. Woran mag das liegen? Werden Bubenträume aktiviert, indem das Bauen an sich (also aus sich heraus) so faszinierend erscheint? Wenn Bagger auffahren, Strassen aufgerissen werden und die ganze Luft nach Teer riecht, leuchten die Augen. Max Frisch hat in seinem Werk das Thema des werktätigen Menschen (genauer: des Mannes) immer wieder aufgegriffen, so etwa in seinem dritten Tagebuch, in Montauk und natürlich im Homo Faber. Ich glaube, dass das an sich Unfertige, das Entstehende Männerherzen höher schlagen lässt, also: das, was man noch formen, beeinflussen, nach seinem Willen konstruieren kann.

Die Baustelle als Metapher für das stets Unfertige, Provisorische....einst meinte die damalige Bauvorsteherin der Stadt Zürich, die Stadt sei gebaut. Dieser kleine Satz "Zürich ist gebaut" sorgte für Kopfschütteln. Ganz offenkundig muss alles Lebendige unfertig sein. Was in Stein gemeisselt ist, stösst auf Ablehnung, was wiederum hiesse: ich bin nicht der, den du meinst, ich bin mehr als das - oder auch weniger, oder auch ganz anders ("ich bin nicht Stiller!"). Ist dies auch eine Absage an Stabilität und Verlässlichkeit? Ich denke nicht, und doch: wir sind ständig am Bauen, müssen Bauen, weil das Leben eine permanente, wenn auch nicht immer sichtbare Metamorphose ist.

Leben ist Wandel.

Auch wenn ich es selber auch nicht immer mag, mich diesem Wandel zu stellen,
besser noch: es mitzugestalten.
Also flüchtet man manchmal, sucht seine Zeitoasen, seine Inseln der Illusionen, dort, wo, nur scheinbar, die Zeit stehen bleibt und damit auch das Bauen.
Keine Baustellen weit und breit - das mag beruhigen, ich stemme mich nicht dagegen, im Gegenteil.  

Wer aber gänzlich nicht mehr baut -an sich und an andere-, erstarrt in Konventionen.
Umgekehrt aber auch:
wer ewig bauen will und zu einem vereinbarten Zeitpunkt das Gebäude nicht schlüsselfertig übergibt, scheut die Verantwortung - für sich und für andere.

Bauen: bitte nachhaltig.
Und kontinuierlich, will sagen: möglichst ohne Brüche, das Bisherige einbindend.
Und manchmal muss radikal gebaut werden.
Das Alte muss zerstört, gesprengt werden.
Doch nicht alles, was neu ist, ist zwangsläufig gut und tut gut. 

Ich beobachte auch Baustellen, aber nur kurz.
Und ich liebe auch mittelalterliche Kulissen.

3 Kommentare:

  1. ....und manchmal träume ich beim Anblick von Ruinen, was hier wohl alles gewesen ist.
    Einen guten Start in die neue Woche wünscht Dir
    Irmi

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  2. Alles fließt!

    Da liegst du so richtig, doch an einer Stelle würde ich dir widersprechen:
    Ein Haus wird irgendwann schlüsselfertig übergeben und dann weiter gebaut. Es ziehen Menschen ein, bauen im Haus ihr Heim, verändern sich und damit das Wesen des Hauses,...und damit bleibt die Baustelle ewig offen.

    Übrigens werden auch Frauen von Baustellen angezogen, sicher nicht alle, wie auch Männer, doch große Maschinen haben für viele Menschen einen gewissen Charme, zumindest ist das meine Erfahrung.

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  3. Hi :-) es war mal wieder Zeit für einen Besuch hier bei dir - und siehe da: passendes Thema. Vor meiner Wohnung hab ich derzeit eine große Baustelle, mit dem größten Kran den ich je gesehen habe (ja, trotz Lärm und Frau bin ich fasziniert ^^) Die anderen Baustellen, innen wie außen, nun ja, ich halte es da mit "Bewegung und Wandel und Genuss" also zwischendurch das Erschaffene in Ruhe betrachten :-) Es braucht ja auch Zeit und Muße für neue Pläne, Träume, ...

    Hoff es geht dir gut und du hast für deine "Baustellen" nur bestes Material ^^
    winke winke in die Schweiz
    Ju

    PS: Merci, dass ich trotz fast einem Jahr Blogpause noch in deiner Leseliste stehe. Das hilft bestimmt, mein Blog wieder aufzuwecken :)

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