Donnerstag, 13. September 2012

Achtung Satire: der Prophet liebt auch das Frivole

Ein Filmchen auf youtoube erregt in islamischen Staaten die Gemüter. Wütende Mengen ziehen vor die US-Botschaft und skandieren Parolen des Hasses, plündern und töten. Der dünne und anspruchslose Streifen nimmt eine Weltreligion bzw. deren Prophet aufs Korn, provoziert und polemisiert.

Satire soll bis zur Schmerzgrenze provozieren dürfen und dabei ein befreiendes Gelächter ermöglichen, um nicht zuletzt damit eine Grundsatzdiskussion über individuelle und kollektive Werte zu ermöglichen. Je mehr sich ein Mensch bzw. eine Gesellschaft von Satire provozieren lässt, umso mehr dürfte die angegriffene Satire Wahrheitselemete in sich tragen.

Natürlich, es gibt auch schlechte bzw. als Satire getarnte Feuersalven, die nur darauf ausgerichtet sind, zu beleidigen und zu verletzen. Doch auch dann muss die Meinungsäusserungsfreiheit greifen, die freilich ihre Grenzen haben muss - zu denken ist an jene Polemik, die darauf hinausläuft, ein ganzes Volk systematisch in seiner Würde erniedrigen zu wollen, ja ihm das Existenzrecht schlechthin abspricht (so exemplarisch in "Jud Süss", jenem nationalsozialistischen Machwerk).

Doch beim hier in Frage kommenden Filmchen greift dieses Argument nicht: vielmehr wird hier eine Religion (und nicht ein Volk) aufs Korn genommen, so wie dies auch das Judentum oder das Christentum dann und wann ertragen muss. Wer erinnert sich nicht etwa an Monty Python?

Wer über eine gefestigte Identität verfügt und weiss, wo er steht - als Mensch und/oder als Kollektiv - erträgt Satire, mehr noch: er begegnet ihr mit einem Lächeln, setzt sich mit ihr in selbstkritischer Weise auseinander und sucht die argumentative Auseinandersetzung.
Wer, umgekehrt, auf Satire mit zerstörerischem Hass reagiert, ist schwach, fanatisch und damit unfähig, sich einer rationalen Auseinandersetzung zu stellen.
Oder ganz schlicht gesagt: Satire und Polemik gehören zu einer aufgeklärten und freiheitlichen Gesellschaft.

Eines dürfte auch klar sein: das dünne Filmchen gibt jenen Kräften in den islamischen Staaten Auftrieb, die sich gegen jegliche Liberalisierung auflehnen und das Rad der gesellschaftlichen Entwicklung zurückdrehen wollen. Ein wahrlich gefundenes Fressen! Die Folgen wird namentlich die christliche Minderheit zu tragen haben. 

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