Sonntag, 30. Mai 2010

die Reis-Schale waschen

Den Sonntagmorgen finde ich immer etwas seltsam, namentlich dann, wenn die Wohnung gänzlich leer ist, was heute aber nicht der Fall ist (meine Tochter ist hier). Wer keinen festen Anker im Leben hat, leidet am Sonntag wohl besonders. Meine Mutter hat es insofern einfacher, als sie ein gläubiger Mensch ist. Das gibt Boden unter den Füssen, namentlich wenn es sich um Volksfrömmigkeit handelt, also in einem gewissen Sinn um einen "naiven" Glauben, der auf jede Frage die vermeintlich richtige Antwort bereithält. Gerade der Katholizismus bietet für alles und jeden den passenden Heiligen, den man von der Stube aus bequem anrufen, um nicht zu sagen bestellen kann. Der wird dann weiter schauen und Fürbitte halten. Im Protestantismus ist alles etwas komplizierter, und Protestanten sterben ohnehin allein, sie bedürfen keines Pfarrers.

Was also tun an einem grauen Sonntagmorgen, wenn existenzielle Fragen den Geist bohrend verfolgen und weit und breit kein Trost die Seele beruhigen kann? Ablenkung dürfte, einmal mehr, angesagt sein. Ich brauche jetzt eine Dusche, heissen Kaffee und Sonntagszeitungen. Und bald heisst es dann: Mittagessen zubereiten.

Im Buddhismus heisst es ganz schlicht: geh hin und wasche die Reis-Schale.

2 Kommentare:

  1. Buddha hatte dieselben Fragen. Er setzte sich unter einen Baum und fasste den festen Entschluss, so lange sitzen zu bleiben, bis er eine Antwort auf diese Fragen finden würde. Und wenn er dabei draufgehen würde.
    Das Schöne an der Geschichte ist: Sie ist vermutlich wahr.

    Hast du das schon einmal gemacht? Den Entschluss gefasst, nicht mehr vom Sofa aufzustehen, bevor du nicht eine endgültige, eine absolut unumstössliche Antwort auf deine Frage gefunden hast?

    Wie stark ist deine Entschlusskraft? Wie hilfreich sind Dusche, Kaffee und Sonntagszeitung wirklich?

    Wie ernst ist es dir wirklich, mit diesen existentiellen Fragen? Wie weit geht deine Opferbereitschaft, wenn es darum geht, herauszufinden, wer du bist? (Wärest du bereit, deinen Job hinzugeben? Deine Altersvorsorge? Deine Hand? Dein Sehvermögen? Deine Erinnerungen? Das, was dir am liebsten ist?)

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  2. Danke - ich komme auf Deine zentralen Fragen gerne zurück!

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