Dienstag, 25. Mai 2010

Bewältigung des Alltags

Ich hatte mir vorgenommen, eine Schreibpause einzulegen, aber das haut nicht hin. Ich bin offensichtlich schreibsüchtig, weil schreiben in der Tat eine Notwehr ist gegen die Erfahrung der Ohnmacht (Max Frisch).

Heute war mein Arbeitstag sehr ruhig, nachmittags eine Sitzung. Routine. Spektakuläres blieb aus, was mir nur recht ist. Den schönen Sommertag konnte ich einigermassen geniessen, Mittags war ich mit meiner Exfrau essen gegangen. Thema am Mittagstisch (einmal mehr): Seelenverwandtschaft. Ich bin froh, dass ich mich zu diesem Thema austauschen kann, da nicht wenige mit dieser Thematik wenig bis gar nichts anfangen können. Wer die Erfahrung nicht kennt, kann den spezifischen Zauber, der damit verbunden sind, nicht nachvollziehen.

Mein aktueller mentaler Zustand würde ich als schwankend bezeichnen. es ist ein stetes auf und ab. Bewusst lasse ich die verschiedenen emotionalen Zustände zu, ich unterdrücke sie nicht, was ich vor wenigen Jahren noch getan hätte (mit all den negativen Begleiterscheinungen). Natürlich versuche ich, unproduktives Grübeln nicht zuzulassen, Unproduktiv ist es dann, wenn meine Gedanken sich im Kreis drehen bzw. sich im Labyrinth von Spekulationen verlieren. Dagegen ist das bewusste Zulassen der jeweiligen Emotionen nur ein Gewinn, da es mich zu meinem Innern führt. Ich mag meine Sehnsucht nicht unterdrücken, ich lasse sie bewusst zu, spüre ihr nach und lebe mit ihr. Es stellt sich dann eine gewisse Melancholie ein, ich wünsche mir dann in solchen Situationen die unmittelbare Nähe zu A, also jener Frau, mit der ich mich verbunden fühle. Nicht selten ist mit diesem Gefühl auch jenes der Traurigkeit gekoppelt. Auch die lasse ich zu, ohne mich in ihr zu verlieren (was mir allerdings nicht immer gelingt). Das Zulassen der Gefühle ermöglicht Selbsterkenntnis und trägt wesentlich zur Annäherung an die Frage bei: was wünsche ich mir, was fehlt mir, wonach suche ich?

Gestern bin ich erschrocken, als meine Tochter bemerkte: Papa, du lachst ja gar nicht mehr. Dieser Satz hat mir weh getan, weil die Tochter sich offensichtlich Sorgen um ihren Papa macht (ist er krank?). Da gilt es, sich aufzuraffen und ganz und gar im Augenblick zu leben. Ich musste mich gestern wirklich aufraffen und habe den ganzen Nachmittag mit ihr im Freibad verbracht, war mit ihr im Wasser, im Wellenbad, am Herumalbern, Verstecken spielen. Das sind Übungen im Loslassen. Abends dann eine Pizza beim Italiener. Diese Woche ist meine Tochter bei mir. Das diszipliniert mich, weil ich meine Verantwortung wahrzunehmen habe. Ich liebe meine Tochter über alles, sie verfügt über einen feinen Humor und entwickelt bereits einen gewissen Sinn für die Groteske, was sich namentlich an ihren Zeichnungen ablesen lässt. Sie ist im besten Sinne des Wortes ein freches Mädchen, das gedeiht und gerne lebt.

So lebe ich also zur Zeit: aufstehen, duschen/rasieren, Frühstück vorbereiten, die Kleine wecken, sie zur Schule bringen, zur Arbeit gehen, Mittag essen, Arbeit, einkaufen, die Kleine von der Tagesschule abholen, nach Hause gehen, das Abendessen zubereiten...dabei stets dem Diktat der Uhr unterworfen. Was mich am meisten stört ist der unruhige Schlaf und das nächtliche Aufwachen. Abends nehme ich einen sog. Beruhigungstee, der, immerhin, etwas hilft. Was zur Zeit schwierig ist: Musik bewusst wahrzunehmen. Namentlich meinen täglichen Begleiter, Mozart, kann ich zur Zeit nicht über mich ergehen lassen, weil ich mich sonst ganz verlieren würde in meinen Emotionen und Sehnsüchten. Seine Musik übt eine starke Kraft auf mich aus und treibt mich zeitweise an den Rand des Erträglichen. Dagegen kann JS. Bach meine Sehnsucht transformieren, er holt mich ab und lässt mich auf eine ruhige Welle forttragen ins Reich der Träume, der Liebe und der Hoffnungen. Ich höre abends das musikalische Opfer oder die Kunst der Fuge.

1 Kommentar:

  1. Hallo Peter,
    die Wirkung von Mozart und Bach ist bei mir genauso wie Du es beschreibst.
    Lieber Gruß,
    Daniela

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