Freitag, 23. April 2010

Blauer Himmel, warmer Wind

Rotes Meer:
Blauer Himmel
Warmer Wind
Warmes Wasser
Die Zeit, zähflüssig hält sie die Momente fest
Muscheln am Strand suchen
Sandburgen bauen
Blauer Himmel
Warmer Wind
später
an der Poolbar
beobachte ich am Nebentisch
eine Frau
sie dürfte zwischen 55 und 60 sein
in Begleitung ihres zur Zeit abwesenden Mannes
der schon morgens glaubt Brandy trinken zu müssen
sie schäkert mit Mustafa
oder hiess er Ahmed
von der Poolbar
der mit viel Witz die Kinder glücklich machen kann
er dürfte nicht älter als 25 sein
sie ist allein
ihr Mann ist anderswo
am Trinken
sie schäkert mit Ahmed
blauer Himmel
warmer Wind
darf ich dich küssen, sagt sie mehr bettelnd als fragend
Aber natürlich darfst du, meint Ahmed, der am Goethe-Institut
in Kairo
Deutsch gelernt hat
wie er mir -zu Recht mit Stolz- erklärte
sie küsst ihn also
ich sehe eine einsame Frau
die Liebe sucht
Zuneigung
offene Ohren, die zuhören können
sie küsst ihn,
mehr verlegen als lüstern
Ahmed lässt es geschehen
Blauer Himmel
Warmer Wind
Kinder spielen
und springen in den grossen Pool
ich sitze da
ein stummer Zeuge
oder ein Voyeur
denke mir
ist das jetzt jenes Bild grosser Einsamkeit
eine Frau, die nach Zuneigung sucht
derweil ihr Mann sich leise betrinkt
so stelle ich mir die Hölle vor
auf diese Art und Weise älter zu werden
Januar bis Dezember
Menschen auf der Suche
nach ein bisschen Glück
getrieben, weil
unerfülltes Leben
unerfüllte Leidenschaften
unerfüllte Sehnsucht
und wohl vor allem:
verpasste Chancen
nicht erkannte
oder schlicht
ignorierte Wendepunkte
nicht wahrgenommenes Lebensglück
aus Angst
aus Bequemlichkeit vielleicht
ich weiss es nicht
und masse mir kein Urteil an
die Frau lehnt sich nun zurück
zündet sich eine Zigarette an
schön ist es hier, ruft sie mir zu
was denn hier anders sei als zu Hause
will ich wissen
die Wärme
die Sonne
ruft sie mir zu
und ihr Mann kommt zurück
setzt sich an den Tisch
und bestellt bei Ahmed
eine Cola mit Rum

2 Kommentare:

  1. Lieber Peter,

    wie schnell doch Menschen zu durchschauen sind, wie offen sich manche zeigen, wie sehr sie nach dieser Erfüllung lechzen...

    aber schön auch, Sandburgen gebaut, Sonne, Meer...lächel...

    herzliche Grüße, Rachel

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