Samstag, 13. Februar 2010

souveräne Einsamkeit

Im Hotel, wo ich oftmals -so wie jetzt - meine Ferien verbringe, hat es nicht wenige Einzelgänger. Abends bewundere ich sie, wie sie an ihren Tischen sitzen und das Abendessen geniessen. Sie essen in aller Ruhe, zelebrieren den Genuss des Weines, lesen zwischen den einzelnen Gängen ihre Bücher und lassen sich von den zahlreichen Kindern und Familien keineswegs ablenken. Auch wenn abends zum Essen das Haustrio spielt, die Kerzen auf den Tischen brennen, auch dann sind sie ganz in ihrer Mitte, grüssen kurz und lassen sich durch Nichts irritieren.

In solchen Momenten überlege ich mir immer wieder, ob ich denn das könnte. Die Antwort ist klar: nein, ich könnte es nicht. Ich wäre zu sehr unruhig, die vielen Familien mit Kindern würden mich beunruhigen, das Buch, das ich als Rettungsanker mit an den Tisch nehmen würde, würde ich mangels Konzentration und Musse nicht berühren können - und wenn doch, dann nur deshalb, um nicht hilflos im Essraum herum zu schauen und um meine Blicke nicht von Tisch zu Tisch schweifen zu lassen.

Wer in dieser Umgebung allein Ferien verbringen kann, ist in seiner Mitte angekommen. In ihm oder ihr muss offensichtlich grosse Ruhe und Gelassenheit herrschen. Und nach dem Dessert stehen sie auf und gehen in die grosse Bar, um weiter zu lesen oder sich einfach von der Musik treiben zu lassen. Worüber mögen sie beim Essen und trinken denken? Und warum verbringen sie allein Ferien? Vielleicht, weil sie so zu ihrer Ruhe kommen wollen? Weil sie beruflich so oft unter Menschen sind und nun endlich einmal allein sein wollen? Das mag eine Möglichkeit sein. Andere wiederum verbringen allein die Ferien, weil es, aus welchen Gründen auch immer, nicht anders geht. Weil sie also gewissermassen müssen.

Andererseits: Einsamkeit ist vielschichtig und kann von allen erfahren werden. So wie von jener Frau, die nach dem Abendessen mit ihrem Mann in die Bar geht - aber dort wechseln sie kein Wort miteinander, er sitzt mürrisch am Tisch und trinkt seine Cognacs, sie trinkt ihren Espresso und sitzt nur gelangweilt da, die Kinder und Enkelkinder sind zwar auch da, aber Dialoge finden kaum statt, es sind eher Monologe, die geführt werden. So jedenfalls mein Eindruck.

Das kann es ja auch nicht gewesen sein.

Doch wie auch immer: ich kann nicht alleine Ferien verbringen, schon gar nicht unter vielen Menschen. Wenn, dann irgendwo in einer Berghütte oder in einem kleinen Häuschen nahe des Meeres. Oder in einer grossen Stadt.

Aber wenn ich es mir genau überlege: auch dann nicht.
Wäre es dennoch ein Versuch Wert ??

4 Kommentare:

  1. Woher weisst du, was die anderen Einsamen denken und fühlen? Bist du dir sicher, dass sie sich so fühlen, wie du denkst, dass sie sich gut fühlen? Möglicherweise sind sie einsam ohne Ende und verstecken sich hinter ein Fassade.
    Ich war im letzten Jahr allein unterwegs, mir sah man meine Einsamkeit an. Fremde Menschen, die ich kennenlernte, ich hätte unlocker und verkrampft gewirkt.

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  2. @autum:
    Es ist eine Annahme, ein Gefühl. wenn ich sie sehe, wie sie sich aufrechten Ganges bewegen, ihre Gesichter sind dabei entspannt, sie geniessen ihr Essen und ihr gutes Glas Wein, sie können sogar lesen, ganz vertieft im Text sein, in der grossen Hotelhalle da sitzen und den Klängen der Musik zuhören - nein, all dies könnte ich nicht, ich hätte die innere Ruhe nicht und müsste aufstehen, weglaufen, für mich sein - ganz alleine im Zimmer oder auf einsamen Wegen.

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