Sonntag, 28. April 2013

Vom schmerzlich Unberechenbaren

Ich glaube an das schmerzlich Unberechenbare unseres Tuns (Max Frisch).

Das sich Bewegen in geordneten Bahnen, das blosse Verwalten des Alltags, schmerzt lange nicht, und doch kann der Zeitpunkt des Aufbegehrens kommen, manchmal plötzlich und unverhofft, einem Pfeil gleich, der wie aus dem Nichts ins Schwarze trifft. Bis dahin bleibt der Alltag ein Abhaken, ein stetes déjà-vu ohne Aufregung, kein Aufwallen des Blutes, keine Atemnot, und wenn doch, dann aus einer Beklemmung heraus: auch ein luxuriöses Gefängnis mit geregeltem Ablauf, einem höfischen Zeremoniell gleich, kann Ängste auslösen. Spätestens dann kann so etwas wie Aufbruch das Handeln bestimmen, Aufbruch hin zum Unberechenbaren und damit zum Leben, und sei es bloss für eine Episode. Und wenn in einem solch magischen Moment das Handy läutet und am anderen Ende der Ehepartner wissen möchte, was sie gerade tut und sie dabei, scheinbar locker und gar nicht  nervös, nur sagt: es geht mir gut, soll ich heute das Abendbrot besorgen?, wird das Unberechenbare ihres Tuns sie schmerzlich daran erinnern, dass sie etwas tut, was sie eigentlich nicht tun möchte und es doch tut. Weil das Leben sich nicht einsperren lässt. 

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