Mittwoch, 9. Januar 2013

Otto Wels

[Photo: Otto Wels]
Wenn ich mir die Geschichte der SPD vergegenwärtige, so staune ich umso mehr, dass Figuren wie ein Steinbrück es geschafft haben, Kanzlerkandidat eben dieser einstmals so stolzen Partei zu werden. Hat seine Nomination vielleicht auch etwas mit unserem Zeitgeist zu tun? Haben wir -als Gesellschaft- tatsächlich so wenige Probleme, dass man glaubt sich den Luxus erlauben zu können, Ignoranten in politische Spitzenämter hieven zu wollen?

Wo sind die klugen Köpfe geblieben? Jene mit Rückgrat und Zivilcourage, die keine Reden für Geld halten, sondern aus Überzeugung? Otto Wels war so ein deutscher Politiker, der nur dann sprach, wenn er etwas zu sagen hatte, dann aber umso klüger und inhaltsvoller. Und er sprach von Problemen, die wirkliche Probleme waren. Und er schwieg auch dann nicht, als alle anderen schwiegen oder bereits zum Schweigen gebracht worden sind. Am 23. März 1933 hielt er seine berühmte Rede wider das Ermächtigungsgesetz der Nazis.

Wäre er heute Politiker, er würde sich keine Gedanken machen
über den angeblich mickrigen Lohn des Bundeskanzlers.
Er hätte vielmehr seiner Wählerschaft etwas mitzuteilen,
etwas,
das Hand und Fuss hat.
Und er müsste auch nicht laut werden,
weil der Inhalt seiner Rede Gewicht hätte.
Und er hätte es auch nicht nötig,
wie ein Feldmarschall zu posaunen.
Weil er wirklich etwas zu sagen hätte.

Und Frau Merkel würde sehr genau zuhören.
Und nicht nur sie.

Nachtrag (aus der heutigen NZZ):
Einen anderen Kandidaten hat man nicht. Aber wie ungeliebt, ja verhasst Steinbrück an der linken Basis der SPD mittlerweile ist, davon macht man sich im Ausland wohl keine Vorstellungen. Der wohlsituierte, in teurem Tuch teure Weine schlürfende Vortragsredner, der mehr Banker kennt als Arbeiter und sie auch besser versteht, passt zur Stimmungslage der Partei wie das Haar in die Suppe.

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