Samstag, 19. Juni 2010

Akzeptanz

Ich bin heute mit meiner Mutter essen gegangen. Sie ist mürrisch geworden, unzufrieden, nichts ist ihr gut genug. Ja, meine Mutter ist eine unangenehme Person geworden, vermutlich hat es mit dem Alter zu tun. Sie ist in einem gewissen Sinn wohl "altersfrustriert". Dabei könnte sie zufriedener sein, wer kann schon mit 86 noch in der eigenen Wohnung leben, praktisch ohne externe Hilfe? Sie ist gut zu Fuss unterwegs, ist grundsätzlich gesund, hat kaum Altersbeschwerden. Und heute erzählt sie mir, sie sei vermehrt mit ihrem ersten Ehemann unterwegs, nachdem dessen Frau vor kurzem gestorben ist.

Ich musste schmunzeln: vor 60 Jahren waren die beiden ein Paar, haben sich aber bald darauf scheiden lassen, und nun treffen sie sich wieder, mal auf einen Kaffee, mal auf ein Glas Wein. Aber sie wolle nicht zu ihm ziehen, und gemeinsame Ferien seien auch kein Thema, und wenn doch, wolle sie auf ihr eigenes Hotelzimmer bestehen. Ich höre amüsiert zu, während ich meine Pasta esse.

***
Sonst werde ich heute Samstag nichts Spektakuläres unternehmen. Ich lese, höre Musik, nehme ab und zu die Gitarre hervor und klimpere darauf herum, und heute Abend werde ich es mir ganz gemütlich machen und einen Krimi gucken.
Heute morgen hatte ich ein längeres Telefonat mit meiner Seelenverwandten, die ich so sehr liebe. Ich geniesse es, mich mit ihr auszutauschen; nur schon bloss ihre Stimme zu hören, macht mich glücklich. Gleichzeitig habe ich aufgehört, mich mit an sich sinnlosen Fragen ("wohin führt die Reise, was wird in einem Monat sein, in einem Jahr" etc) zu plagen, d.h. ganz konkret, dass ich meine Gefühle zu A. bewusst zulasse, doch gleichzeitig keine Erwartungen an sie habe - ohnehin weiss sie, wo ich stehe. Das scheint mir ganz wichtig, ja zentral zu sein. Vor allem möchte ich aufhören, das "Schicksal" beklagen zu wollen (sonst tappe ich in die unproduktive Falle des Selbstmitleids). Namentlich kann ich die Rahmenbedingungen anderer Menschen nicht ändern (das machen sie selbst, wenn sie es denn auch tun wollen), und was nicht in meiner Macht steht zu ändern, will ich akzeptieren, weil alles andere mich nur verrückt macht und letztlich ohnehin eine groteske Anmassung wäre. Wenn ich aus innerer Überzeugung heraus zu dieser Einstellung gelange, geht es mir besser, wesentlich besser, ich merke, dass ein innerer Druck mich loslässt. Ich muss schon froh sein, dass ich all dies, was ich wirklich beeinflussen kann, erkenne und danach auch handle. Eine solche Lebenseinstellung wird meine innere Unruhe zu besänftigen wissen, doch ich bin nicht naiv zu glauben, dass sich dies von heute auf morgen einstellt: Rückschläge sind denkbar und wahrscheinlich. Aber die Einsicht und der Wille, effektiv danach zu leben, sind da - immerhin.

1 Kommentar: