Montag, 18. Januar 2010

Altersdemenz

Heute habe ich wie angeschossen und ohne ersichtlichen Grund an meinen Vater gedacht. Ich sah ihn vor meinem geistigen Auge, wie er rund zwei Jahre vor seinem Tod an einem Samstagmorgen im Schlafanzug plötzlich in jenem Restaurant stand, das wir seit Jahren zusammen aufsuchten. Da stand er also, leicht verwirrt, er ahnte, dass ich da sein musste.

In solchen Momenten ist man hilflos, ich jedenfalls war es, da stand also mein Vater, er, der stets gepflegt und elegant durch die Welt zog, sah aus wie ein ärmlicher Schlucker, schlecht rasiert, im Schlafanzug, darüber das schräg anliegende Hemd. Er sei aus dem Heim gegangen, habe niemandem etwas gesagt, sagte er mir an jenem Samstagmorgen. Dann haben wir zusammen getafelt, Butter, Konfitüre, Gebäck, Käse, alles, was dazu gehört zu einem Frühstück an einem Samstagmorgen. Da war er also, mein Vater, 82 jährig, er freute sich ob dem Augenblick, derweil das Heim sich bei mir mittels Handyanruf schon nach ihm erkundigte, ich beruhigte die Dame, dann war alles in Ordnung.

Er wurde damals auch schon von der Polizei aufgegriffen, einmal an einem frühen Sonntagmorgen mitten in der Stadt, es war ein nasskalter Wintertag, als sie ihn aufgriffen, er sass verwirrt auf einer Bank und starrte vor sich hin.

Das Leben ist kurz.

3 Kommentare:

  1. Ich denke das sind Momente, die einem zeigen, wie Abstrus das Leben doch manchmal ist!

    Aber es ist doch schön zu wissen, dass er sich gefreut hat, mit dir Frühstücken zu können!

    Gruß Bladl

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  2. Schön und bewunderswert, wie du das annehmen konntest, wie dein Vater in beschreibener Weise in der Öffentlichkeit auftaucht.
    Erschreckend, was aus Menschen werden kann. Es relativiert sich dann vieles.
    Gruß
    autum (jetzt ein anderes Profil, schau mal in meinen Blog, dann weisst du, wer ich bin)

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  3. @autum: schön, dass Du wieder im virtuellen Raum bist. Ich lese Deine Beiträge gerne, und ich wünsche Dir nun viel Kraft und Zuversicht.

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