Dienstag, 4. März 2014

Vom Träumen

Ich bin im Zug, es muss sich um einen Regionalzug handeln. Ich sitze in der 2. Klasse (eigentlich wie immer, nur wenn es grosse Distanzen sind, gönne ich mir erste, aus Bequemlichkeit), lese irgend etwas (keine Zeitung, glaube ich). Da begegne ich dir und grüsse dich, du lächelst zurück, kommst näher und flüsterst mir, als hättest du Angst, ins Ohr: ich bin nicht allein. Ach so, willst du mir denn deine Gesellschaft nicht vorstellen? Da zeigst du mir die Schar, die du mitgenommen hast, alles Männer, mindestens eine Handvoll, und alle sehr unterschiedlich aussehend und daher kommend. 3-Tages-Bärte dominieren, andere wiederum machen sich einen Spass daraus, lässig zu rauchen, während jener mit engen Jeans und weit offenem weissem Hemd (frisch gebügelt, tadellos), so dass man seine offensichtlich nackte (rasierte?) und durchtrainierte Brust sieht, ein Buch von Kafka in der Hand hält. Haben die auch Namen, will ich wissen. Ja, gewiss, aber ich kenne nicht alle beim Namen, weshalb denn auch, Name ist doch Schall und Rauch, worauf der eine im Hintergrund laut und mit aufgesetzter Miene ruft: das war Goethe, und die ganze Runde lacht laut und klopft sich gegenseitig auf die Schultern. Einer tritt schliesslich aus der Menge hervor (längliche dunkle Haare, vielleicht 35, dunkler Teint, ein Hüne), schaut dich prüfend an und fragt: wer ist dieser Kauz, hat der einen Namen? Ja, der hat sehr wohl einen Namen, das ist der Mann, den ich noch gar nicht kenne, was wiederum heiteres Lachen hervorruft. Lass das sein und komm weiter, meint derselbe, der nach meinem Namen fragte, sichtlich ungeduldig und dem Jähzorn offensichtlich nicht abgeneigt, ich will dich jetzt (da unterbricht er jäh seinen Satz, kommt dir nun ganz nah ans Ohr, so dass ich nicht verstehe, welches Wort er Dir ganz offensichtlich zuflüstert, aber ich glaube zu verstehen). Ich sage nichts und rufe dir zu: schreibe weiter, wir sind Reisende, ich weiss nicht, wann der Zug wieder hält,, worauf alle, gleichsam im Chor, dir, einem Stakkato gleich, zurufen: schreibe schreibe schreibe, Seite für Seite, lass nichts aus, lass nichts aus!

Und zum Schluss noch dies: 
Kein Traum ist nur Traum (A. Schnitzler, aus der Traumnovelle)

6 Kommentare:

  1. *Eyes wide shut* basiert auf Schnitzlers Traumnovelle.
    Kennst Du? Guter Film.

    LG

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    1. Ja, kenn ich, gut gemacht

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    2. Ich fand den schrecklich öde. Der Versuch, die Geschichte zeitlich in die Moderne zu verlegen, hat für mich überhaupt nicht funktioniert. Da war die literarische Vorlage um Klassen besser!

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  2. Ein Traum, wie er auch in der "Traumnovelle" durchaus hätte Erwähnung finden können. Darf ich fragen, wie ging es Dir unmittelbar nach dem Aufwachen?

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    1. Na ja, ehrlich gesagt schlecht, genauer: missgelaunt. Nach der ersten Tasse Kaffee gings dann besser .-)

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    2. Kaffee am Morgen kann Wunder wirken, keine Frage :)

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