Dienstag, 13. Juli 2010

Herz und Verstand

Heute Abend habe ich kein Altersheim vor meinem geistigen Auge, wie das noch gestern um diese Zeit der Fall war. Nein, heute Abend habe ich vielmehr Endorphine in meinem Blut, ich merke, wie mein ganzer Körper überschüttet wird von diesem Glückshormon. Ich habe in solchen Momenten ungebändigte Lustmomente, ich sehe eine blühende, bunte Sommerwiese mit vielen Faltern, über die ich springe, ich rieche die Alpenblumen und trinke frisches Wasser ab der Quelle. Meine Sehnsucht kann mich manchmal lähmen, sie kann mich zeitweise aber auch antreiben, aufwühlen, bis ich das Gefühl habe, ich würde regelrecht explodieren vor lauter Energie, die meinen ganzen Körper in Beschlag nimmt. Natürlich, Sehnsucht schwingt immer mit, aber sie ist in solchen Augenblicken eine angenehme Begleiterin, eine, die mich trägt und nicht erschlägt.

Ich höre die Kirchenglocken, es ist 23 Uhr. Absolute Stille, dabei ist die Stadt keine 10 Minuten von meiner Wohnung entfernt. Was ich jedoch immer höre sind die mir vertrauten Geräusche der vorbeifahrenden Züge des Güterbahnhofs, ja, diese Geräusche verursachen in mir immer wieder ein Gefühl von Unruhe, sie treiben mich an, als ob sie mir sagten wollten: geh! Ich bleibe, weil es die Vernunft gebietet. Das Herz spricht eine andere Sprache. Herz (Neigung) und Verstand (Pflicht) müssen lernen, vermehrt im Dialog zu sein, sie müssen sich besser kennen lernen mit dem Ziel, letztlich voneinander zu lernen und sich nicht als Gegner, sondern als Freunde zu begegnen, die aufeinander angewiesen sind.

Ich gebe zu: manchmal liebe ich es, den Verstand in die Irre zu führen, mein Herz ganz zu öffnen und damit dem Leben Recht geben. Denn Leben ist mehr als Kontrolle und Abwägung.

3 Kommentare:

  1. "Herz (Neigung) und Verstand (Pflicht) müssen lernen, vermehrt im Dialog zu sein, sie müssen sich besser kennen lernen mit dem Ziel, letztlich voneinander zu lernen und sich nicht als Gegner, sondern als Freunde zu begegnen, die aufeinander angewiesen sind."
    Das hast du sehr schön gesagt, lieber Peter!
    Und ich freue mich, dass du heute wieder blühende Wiesen siehst ... :-)

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  2. Altersheime stehen dir nicht, lieber Peter. Solltest du noch einmal bei solchen Gedanken ertappen, führe ich dich wieder davon weg.

    "...diese Geräusche verursachen in mir immer wieder ein Gefühl von Unruhe, sie treiben mich an, als ob sie mir sagten wollten: geh! Ich bleibe, weil es die Vernunft gebietet."

    Wohin würdest du gehen können? Hast du eine konkrete Vorstellung oder betreffen diese Gedanken eher einen allgemeinen, unbestimmten Fluchtreflex?

    Liebe Grüße
    autumn

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  3. Wie bei mir stelle ich auch bei dir einen gewissen Hang zur Melancholie fest. Sollte dies stimmen, woher kommt das? Menschen suchen üblicherweise die Freude, wir neigen schon mal zum schwereren Teil des Lebens. Was verursachte dies?

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