Samstag, 29. Oktober 2011

Herbstimpressionen


Unterwegs im herbstlichen Wald - bei milden Temperaturen und Sonnenschein.









Fest der Sinne und Gerüche....einfach laufen, beobachten, tief durchatmen, herumalbern mit der Tochter, immer noch und immer wieder nach Kastanien suchen, Pause einlegen... und immer wieder sich daran erinnernd, dass es nur den Moment geben kann.


















































Aufgeschnappt

Aufgeschnappt bei der heutigen Zeitungslektüre:

Wer nicht schreibt weiss nicht einmal, wer er nicht ist.
Max Frisch

Violetta Radomirska

Diese Frau ist nicht nur schön, sie kann auch singen. Himmlisch gut singen. Ich konnte sie wieder in Mozarts Don Giovanni bewundern. Unglaublich subtil ihr Mezzosopran in den Koloraturen und glasklar im Ausdruck auch dann, wenn die Stimmlage schnellen Wechseln unterworfen ist. Mal temperamentvoll, mal ganz leise - und immer mit voller Ausdrucksstärke. Auch schauspielerisch hat sie einen drauf, man nimmt ihr ihre Rolle, die sie spielt, auf Anhieb ab.

Liebe Violetta, Deine Stimme ist schlicht wunderbar, ich bade meine Seele in ihr und lass mich dabei ganz verzaubern von Deinem himmlischen Gesang.

Freitag, 28. Oktober 2011

Erinnerungen

Nebenbei notiert:

Manchmal kann ein Geruch, den man glaubt schon lange vergessen zu haben, ganze Filme im Kopf auslösen. Und man vergegenwärtigt sich, dass Manches plötzlich da ist, das an sich schon lange vergessen gegangen ist - vermeintlich vergessen gegangen ist: nichts kann so nachwirken wie die sogenannte Vergangenheit, die doch nicht vergehen will.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Hände, die sich berühren (IV)

Er zögert. Will er sein Leben auf den Kopf stellen? Er beginnt, Bilanzen zu ziehen. Schlecht geht es ihm als sog. Single (er hasst das Wort) ja nicht, gewiss, manchmal hat er Anflüge von Einsamkeit, aber Hand aufs Herz, verspürt das nicht auch ein verheirateter Mensch? Und wie soll das konkret aussehen in einer neuen Beziehung, Jahre nachdem diesbezüglich nichts mehr ging? Er hadert. Aber ja, er liebt sie. Und dann plötzlich sagt er sich: ist das so, dass ich sie liebe?
Er hat sie, ganz vorsichtig, per Mail zu einem gemeinsamen Wochenende eingeladen. Sie hat sofort zugesagt, aber nur in grundsätzlicher Hinsicht, das heisst, wenn die Zeit dies erlauben wird. Ach, die verplante Zeit! Und er will ja auch nicht auf seine Hobbies verzichten, und was ist mit seinem alten Golffreund? Eben. Nein, er will sich nicht von heute auf morgen neu orientieren. Und sie? Sie bleibt für ihn ein Rätsel, aber das dürfte wohl auf Gegenseitigkeit beruhen.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Hände, die sich berühren (III)

Sie schreiben sich nach wie vor täglich. Es sind nicht kurze Mails, vielmehr Erläuterungen über grundsätzliche Dinge des Lebens, offensichtlich geht es bei diesem Gedankenaustausch um eine gegenseitige Auslegeordnung, um Positionierungen, Abgrenzungen, im Sinne von "so ticke ich - wie tickst du?". Sie sprechen manche Themen an, er will wissen, ob sie betet, sie will von ihm wissen, was er über die Lage der Dissidenten in China denkt. Oder auch: er erläutert ihr die Prinzipien des Brückenbaus, sie macht Exkurse über das Denken Carl Schmitts. Doch das eine Thema, das beide an sich gerne ansprechen würden, es aber, aus welchen Gründen auch immer, nicht tun, umschiffen sie, aus Scham, aus falsch verstandener Rücksicht vielleicht, weil sie denken, das zieme sich nicht, jetzt noch nicht, vielleicht später, ja später, bei einem Glas Wein, dann ja, aber jetzt. nein, das sei noch verfrüht, und überhaupt, zu intim....

Noch ist das gemeinsame Abendessen nicht vereinbart. Vielleicht werden sie eine doodle-Umfrage starten müssen, so, wie sie es in ihren Berufen ja auch tun, dann kann man bequem die diversen Optionen ankreuzen. Sie wird die Initiative ergreifen und eine erste Umfrage starten. Viel Glück.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Gute-Nacht-Lied

Hände, die sich berühren (II)

So oder ähnlich könnte die Geschichte weitergehen:

Seit ihrer ersten Begegnung haben sie sich nicht wiedergesehen. Umso haben sie sich schriftlich ausgetauscht (Mails) und dabei augenzwinkernd aus ihrem Leben erzählt. Niemand wagt eine Offensive, alles bleibt im diffusen Bereich, spielerisch durchaus, und mit einer Prise Erotik (subtile Andeutungen, die man aber ggf. auch anders interpretieren könnte). Sie macht Vorschläge für den Besuch eines Konzerts (Schubert, Brahms), er für eine Ausstellung (Dadaismus). Dabei stellt sich heraus, dass beide ihr Leben schon auf Wochen hinaus verplant haben. Nein, dieses Wochenende geht ihr nicht, übernächstes ihm nicht. Sie will ihre langjährige Freundin nicht sitzenlassen, er nicht seine Musikfreunde. Ob es wenigstens für ein baldiges gemeinsames Mittagessen reicht? Wie sähe es wohl übernächsten Mittwochabend aus, sie könnten sich in der Mitte ihres Weges treffen. 20 Uhr beim Italiener um die Ecke?

Er wird nachdenklich und stellt fest, dass ihre Leben, vorläufig zumindest, kaum kompatibel sind. Sie kommt zu ähnlichen Schlüssen und weiss, dass man das Leben nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen kann, vor allem nicht in ihrem Alter, wo jeder seine Rituale hat und sich damit ganz wohlig eingerichtet hat.

Derweil verstreichen Tage, Wochen. Sie schreiben sich täglich mit einer Prise Humor und erzählen weiter aus ihrem Leben. Sie beschreiben ihr Leben und malen sich aus, wie es wohl wäre, wenn sie zusammen wären.

Und wieder sind drei Wochen verstrichen.

Montag, 24. Oktober 2011

Hände, die sich berühren

Ich stelle mir vor:

Sie haben an einem, sagen wir, Donnerstagabend abgemacht. Sie kennen sich erst seit zwei Wochen, kennengelernt haben sie sich an einem Schreibkurs.

Er: 48, Architekt, 2 halbwegs erwachsene Kinder.
Sie: 51, Juristin, 1 Kind (Teenager).

Und nun treffen sie sich in einem kleinen Lokal in der Altstadt.
Er betritt als erster das Lokal und nimmt am tags zuvor telefonisch reservierten Tisch Platz, der ihm der Kellner zuweist. Keine 5 Minuten später erscheint sie, pünktlich und gut gelaunt, wie ihm augenblicklich auffällt. Sie trägt eine weisse Bluse und schwarze Jeans. Er ist formeller angekleidet, um nicht zu sagen: er erscheint in seiner Architektenuniform, also beinahe gänzlich in schwarz.

Und so beginnen sie zu reden über Gott und die Welt,
über ihre Berufe, über Musik und, am Rande, über Beziehungen.
Sie wissen: beide sind an sich noch zu haben - in diesem Alter keine Selbstverständlichkeit.

Beide haben ihre Geschichte, haben Höhen und Tiefen des Lebens erlebt.
Beide geschieden.

Alkohol trinken sie nicht.

Die Atmosphäre ist von Wärme und gegenseitiger Sympathie geprägt.
Sie lachen viel, und doch reden sie auch über ernste Themen.
Und wie beiläufig berühren sich während der Nachspeise ihre Hände, als sei dies das Selbstverständlichste dieser Welt.
Es dauert nur wenige Sekunden,
und beiden kommt es vor, als dauere es eine kleine Ewigkeit.

Er wird sie einladen, aber ohne Absichten.
Nach dem Abendessen verabschieden sie sich innig und herzlich voneinander.
Sie werden getrennt nach Hause gehen.
Sie sagen nichts über ihre gegenseitigen Gefühle, weil dies gar nicht nötig wäre.
Weil es bloss stören würde.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Willkommensgruss

Ich freue mich über die 50. Leserin - tatsächlich sind rund 90% meiner Leser/innen Frauen. Woran dies liegt, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Auch in meinem Leben bin ich bezüglich freundschaftlicher Beziehungen mehr von Frauen umgeben als von Männern, und das ist mir auch Recht so (smile). Männerfreundschaften habe ich nur wenige, dafür beruhen sie auf eine gute und langjährige Basis gegenseitigen Vertrauens. Doch mein bester Kumpel ist und bleibt eine Frau.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Gute-Nacht-Lied

Über das Wollen

Heute war wieder so ein Tag: im Grunde der Dinge nur mühsam. Was mich vor allem müde macht an solchen Tagen sind die fehlenden Rückzugsmöglichkeiten. Ständig unter Menschen zu sein kann verdammt anstrengend sein, morgens, mittags, nachmittags, ununterbrochen. Zwischen den Sitzungen smalltalk da, ein Apéro hier, ein Schwätzchen dort. Und dann sollte man sich auch noch konzentrieren, aufmerksam sein, zu allem und jedem eine Antwort bereithalten.

Habe ich mir dieses Leben so vorgestellt, als ich 20 war? Und wie war das noch mit 30? Manches schleicht sich in unser Leben auf leisen Sohlen ein, es entstehen Gewohnheiten und Rituale, die lange Zeit als solche gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Und plötzlich steht man eines Morgens nach dem Duschen vor dem Spiegel und denkt sich wie beiläufig: was tue ich da überhaupt? Genauer: will ich das, was ich tue, wirklich tun? Und hätte ich Alternativen, würde ich das, was ich tue, immer noch tun? Eine substanzielle Antwort bin ich mir immer noch schuldig.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Gute-Nacht-Lied

....ein schlichtes Lied, das auch ganz gut in der Badewanne genossen werden kann.

Ruhe

Nach diesem anstrengenden und in mancher Hinsicht ärgerlichen Tag kann ich die Ruhe des Augenblicks sehr geniessen. Ich nehme ein Vollbad und lasse mich von den Düften des Badewassers verzaubern. Bloss nicht an morgen denken, an Sitzungen und dergleichen mehr. Stattdessen: das warme Wasser, das meinen Körper umschwemmt, wahrnehmen, die angenehme Raumtemperatur, die Musik im Hintergrund, das sanfte Licht der Kerzen im Badezimmer. Danach werde ich wieder etwas mehr Energie haben, um an diesem Abend noch dieses oder jenes zu tun, schreiben zum Beispiel. Und dann später: mich im leeren Bett breitmachen, einfach liegen und bald einmal tief schlafen können. Den Gedanken, dass sich der Wecker morgen um 0600 Uhr bemerkbar machen wird, verdränge ich so gut ich kann.

Montag, 17. Oktober 2011

Lebenskompromiss

Der Lebenskompromiss wiegt schwer, sich von ihm zu befreien ist ein Gebot der Stunde, und doch. Man wägt ab, wird träge und wagt den Aufbruch nicht. Doch im Innern brodelt es zeitweise ganz gehörig, ganz im Sinne von: da muss doch noch etwas passieren, das kann es doch nicht sein. Das innere Gefängnis ist eine harte Strafe, die nicht verjähren will.

Routine

Kontinuität und Routine im Leben mögen langweilig sein, aber sie geben auch Strukturen. Diese Ruhe kann sich urplötzlich zu einem Sturm entwickeln und einiges wegfegen, was bislang als gesetzt galt. Die Frage ist bloss, ob man dies als Bedrohung oder als Chance wahrnimmt, genauer: ob man den Sturm überhaupt zulässt und ihn nicht bereits im Keim erstickt, um die Routine nicht zu zerstören oder zumindest nicht in Frage zu stellen. Beide Optionen haben ihren jeweiligen Preis: auch hier ist nichts zum Nulltarif zu haben.

Samstag, 15. Oktober 2011

emotionale Löcher

Ich falle immer wieder in diese emotionalen Löcher, schleichend spüre ich sie kommen auf leisen Sohlen. Abwehrstrategien habe ich noch keine entwickelt, die vielversprechend wären. Wenn ich sie zulasse, gehen sie meistens ebenso schnell weg wie sie gekommen sind.

Freitag, 14. Oktober 2011

beim Tango fremd gehen

Beim Tango, sagte mir gestern Abend der Tanzlehrer, müsse man alles vergessen, den Ehemann bzw. Ehefrau, den Freund, die Partnerin, einfach alles. Dann zähle nur noch der Moment, dann dürfe, ja müsse man -im übertragenen Sinn verstanden- fremd gehen, sich der subtilen Erotik des Tangos hingeben und sich von der melancholischen Musik leiten lassen. Wichtig sei auch, auf dem Tanzparkett im richtigen Moment Mut zur Pause zu haben und dabei die in diesem Augenblick gegebene (körperliche und emotionale) Nähe des an sich fremden Gegenübers zuzulassen. Kein Tanz für eifersüchtige Ehemänner bzw. Ehefrauen! Lasst lieber den Tango aus und beschränkt Euch auf Foxtrott oder cha-cha-cha.

Doch vor allem und in erster Linie sei den Eifersüchtigen ins Buch geschrieben: Man geht allein zum Tango, und man verlässt allein den Tango. Das ist Tango, richtig verstanden.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Erwartungen

Wer hofft, kann nur enttäuscht werden. Wer aber keine Erwartungen hat und von einem illusionslosen Skeptizismus ausgeht, kann im besten Falle vom Glück überrascht und eines Besseren belehrt werden. Daher hart Sartre Recht: der Optimismus bedarf als Ausgangspunkt der Hoffnungslosigkeit.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Für die Kinder

und für all jene, die ihre kindliche Seele noch nicht verloren haben.

und für all jene, die nicht nur an der Oberfläche bleiben wollen:

Unterwegs

Der Winter gibt sich vorerst geschlagen. Milde Temperaturen, ideales Wanderwetter. Abschalten, mit aufmerksamem Blick ein scheues Reh erhaschen, die Luft tief einatmen, den Geruch von nassem Holz wahrnehmend. Alles scheint weit weg zu sein - Tage grenzenloser Illusionen.

Montag, 10. Oktober 2011

Tango

Du hast Recht: Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann, ich ergänze: den man tanzen muss, um ganz nah an ihm zu sein. Das wusste ich bisher nur nicht. Nun erfahre ich es, Schritt für Schritt im buchstäblichen Sinn. Der Mann führt nicht, die Musik ist es bzw. ihre Traurigkeit, die uns den Weg ebnet. Noch sind die Schritte zaghaft, suchend, mechanistisch. Tango ist ein sehr intimer Tanz, da gibt es keine halben Sachen. Für einen Moment ist man ganz Eins mit der Tanzpartnerin bzw. Tanzpartner. Dann gibt es nur noch den Tango und seine Traurigkeit. Ein schönes, trauriges Gefühl.

Sonntag, 9. Oktober 2011

Illusion der Zeitlosigkeit

Dort wieder angekommen, wo Nietzsche auf der Halbinsel seinem Zarathustra begegnete. Winterlich kalt und doch herbstlich, die Lärchen tragen ihre braun-goldenen Nadel. Pulverschnee, doch die Sonne immer noch mild, deren Strahlen wie durch ein Milchglas die Landschaft erwärmen. Der See strahlt Ruhe aus, auch wenn er stürmisch ist. Nichts scheint sich hier zu verändern, die Illusion der Zeitlosigkeit hat mich wieder fest im Griff, und ich lasse es gern mit mir geschehen.

Samstag, 8. Oktober 2011

Koffer packen

Koffer packen und die dazugehörige Musik hören.

Morgen Nachmittag bin ich bereits im Schnee und werde mit meiner Tochter eine kleine Schneeballschlacht vom Zaum reissen. Und montags schon wird sich die Sonne durchsetzen und die dünne Schneeschicht, einem Zuckerguss gleich, wieder zum Schmelzen bringen, auf dass die prächtigen Farben der Lärchen zu leuchten beginnen, mal gelblich, mal gold-braun. Und spätnachmittags wird sich der Nebel über dem Bergsee breitmachen, einer Schlange gleich, und das Abendrot wird dem Nebel trotzen und kitschig leuchten wie eh und je.

Und spätestens dann werde ich tief durchatmen und die ganze Landschaft umarmen wollen.

grauer Nachmittag

Ich liebe diesen grauen Nachmittag.
Regen, Wind, Kälte.
Bald dunkelt es bereits ein.
Herbst, so bist du auch.

Keine Melancholie, die aufkommt.
Nur ansatzweise neckt sie mich.
Ich lasse sie vorbeiziehen wie Herbstwolken
und höre, bei offenen Fenstern, den abendlichen Gesang einer Amsel.

für einen kleinen Moment

Manchmal möchte ich ein kleines Mäuschen sein.
Mich bei dir in deinem Zuhause einschleichen
schauen und hören, wie es dir gerade geht.
Was du gerade tust, fühlst, sprichst, berührst, liest, kochst...
und bei dieser Gelegenheit
würde ich dich sanft berühren
und dich über das Haar streicheln
nur für einen kurzen, kleinen Moment
weil es ja so ist, wie es ist.
Sonderbares Leben
geheimnisvolle Begegnungen
starres Beziehungsgeflecht
unerschütterliche Konstellationen

wolkenverhangener Himmel
grau und windig
kühl
braune Blätter, die jetzt wie reife Äpfel von den Bäumen fallen
ich packe den Koffer
für eine Woche Urlaub.
Zeitinsel
nur lesen
wandern
spielen mit der Tochter
malen
schwimmen
und dich
nicht vergessen können

Kinderwünsche

Was sich meine Tochter wünscht - gefunden beim Aufräumen ihres Zimmers.

Ich wünschte, auf einer Insel voller Abenteuer zu sein. Ich würde Tiger jagen und sie dann einsperren. Ich würde hohe Berge besteigen und im tiefen Meer schwimmen. Ich würde mich von Liane zu Liane schwingen, ich hätte viel Freizeit und hätte grosse Flügel.


Freitag, 7. Oktober 2011

Telefonpalaver

Ich stelle mir vor:
Spätabends läutet bei ihm das Telefon.

Sie (erfreut): Hallo, na, wie geht's?
Er (neutral): Gut, und selber?
Sie: ich vermisse dich.
Er (kurze Pause): du vermisst nicht mich, du vermisst das Gefühl, das ich bei dir auslöse.
Sie (nicht darauf eintretend): können wir uns morgen sehen?
Er (leicht gereizt): nein, das geht nicht.
Sie: hast du abgemacht?
Er: ja, habe ich - mit mir selbst.
Sie (Pause): ich hatte heute viel Ärger im Büro
Er: ach ja, nun, ich auch.
Sie: regnet es bei dir auch?
Er: ja, tut es.
Sie: meine Schwester ist bei mir, wir haben es ganz gut. Und was tust du?
Er: ich werde jetzt gleich schlafen gehen (Pause). Bis morgen, ich melde mich, gell
Sie: bis morgen, schlaf gut.
Er: ich tue mein Bestes, Danke, du auch

Gute-Nacht-Lied

Da gibt es eine Dame, die glaube, dass alles Gold ist, was glänzt.

Die will sich tatsächlich eine Treppe zum Himmel kaufen!
Und wenn die Läden auch schon zu sind – ega
l.


Sie hat gelernt, dass ein Wort genügt, und sie bekommt, was sie will:
Einmal Himmelstreppe, bitte!

Da hängt zwar ein Hinweisschild, aber sie will sichergehen:
Bekanntlich haben manche Wörter ja zwei verschiedene Bedeutungen.
Auf einem Baum am Bach sitzt ein Vogel und singt.
Manchmal werden alle unsere Gedanken von düsteren Vorahnungen überschattet,
und man kommt aus dem Grübeln nicht mehr heraus...

Dieses Gefühl, das mich immer überkommt, wenn ich nach Westen schaue –
wenn meine Seele förmlich danach schreit, endlich fortzugehen.
In Gedanken habe ich Rauchschwaden zwischen den Bäumen gesehen und die Stimmen derer gehört, die dabeistanden und zuschauten.
Da kommt man schon ins Grübeln...

Und man flüstert sich zu: Wenn wir uns alle gemeinsam dasselbe Lied wünschen, damit er es für uns spielt, wird uns der Große Spielmann schon zur Vernunft bringen.
Dann bricht für diejenigen, die geblieben sind, ein neuer Tag an,
und die Wälder hallen wider vom fröhlichen Gelächter.

Falls da im Busch etwas raschelt: keine Panik, die machen nur Frühjahrsputz für die Maikönigin.
Du hast zwei Wege zur Auswahl, aber schließlich ist immer noch Zeit, die Straße zu wechseln.
Das bringt mich wieder ins Grübeln...

Dir schwirrt der Kopf, und nichts klappt, solange du nicht kapierst, dass der Große Spielmann dich zu sich ruft.
Hören Sie, wie der Wind bläst, verehrte Dame?
Wussten Sie übrigens, dass Ihre Himmelstreppe auf das Säuseln des Windes gebaut ist?

Und wie wir uns so die Straße entlang schlängeln, und unsere Schatten mittlerweile größer sind als unsere Seelen – da vorne läuft doch eine Dame, die wir alle kennen!
Sie glänzt wie frisch lackiert und will uns immer noch vormachen, dass sich alles in Gold verwandelt.
Und wenn du ganz genau hinhorchst, hörst du endlich auch die Melodie –
wenn alles und alle miteinander eins werden, zu einem Berg, der sich nicht mehr wegbewegt.

Und sie will sich eine Treppe zum Himmel kaufen...


Die beste Erfindung des Lebens

Der Tod ist die beste Erfindung des Lebens. Er ist der Katalysator des Wandels. Er räumt das Alte weg, um Platz für Neues zu schaffen (Steve Jobs anlässlich einer Ansprache vor Studierenden 2005).

Wer wollte ihm widersprechen? Die Aussage ist bestechend einfach und zutiefst wahr. Auch wenn es in der Geschichte immer wieder Versuche gab, über den individuellen Tod hinaus langfristige, ja ewige Wirkungen entfalten zu wollen. Ich denke etwa an Kim Il Sung, den 1994 verstorbenen "Grossen Führer" Nordkoreas, den das nordkoreanische Volk gemäss offizieller Leseart als "ewige Sonne" verehrt. Doch auch diese ewige Sonne wird sich dem unverrückbaren Diktat des Todes unterordnen müssen - Gottlob.

Warum ich nur Frauen wähle

Ich wähle ausschliesslich Frauen, weil Frauen –nicht nur im Parlament- immer noch untervertreten sind. Das wäre sozusagen eine Argumentation formeller Natur, weshalb vermehrt Frauen gewählt werden müssen. Von der Sache her haben Frauen einen anderen Zugang zur Politik und beleuchten manches Problem aus einer anderen, mir wichtigen Warte. Geht es um externe Kinderbetreuung, um Ganztagesschulen, um Jugend-, Gesundheits- oder Alterspolitik: Frauen kennen sich in der sozialen Wirklichkeit nun mal besser aus als Männer. Welcher Mann kennt aus eigener Erfahrung den Pflegealltag in einem Altersheim und hat, pardon, den Hintern von Frau Müller oder Herr Meier gewaschen? Welcher Mann muss Karriere und die Pflichten des Alltags unter einen Hut bringen, daneben seine Kinder betreuen und gleichzeitig auch noch da sein für die alten Eltern? Eben.

Hinter jedem sog. starken Mann hat es immer eine starke Frau, die alles schmeisst und dafür sorgt, dass der Herr morgens immer ein frisch gebügeltes Hemd anziehen kann. Doch nicht hinter jeder starken Frau gibt es einen starken Mann. Ich glaube vielmehr, dass Frauen viel leistungsfähiger sind als Männer. Frauen können besser mit der knappen Ressource Zeit umgehen, sie können mehr unter einen Hut bringen und sind besser in der Lage, Prioritäten zu setzen. Während Männer viel ins eigene Prestige investieren, arbeitet die Frau um der Sache willen.

Natürlich weiss ich, dass es auch in der Politik (und in der Wirtschaft) Tussis gibt, Frauen, die männlicher sein wollen als ihre männlichen Kollegen im Ratsbetrieb und eine Frauen-zurück-an-den-Herd-Polemik betreiben und selber aber sich gerne im Scheinwerferlicht der Politik sonnen. Frauen, die, ganz Mann, Hahnenkämpfe austragen und selbstverliebt und mit angestrengter Rhetorik jeder Kamera und jedem Mikrophon nachspringen, damit sie auf Teufel-komm-raus in die Medien kommen. Frauen, die sich an ein Stammtischniveau anbiedern und billigen Populismus betreiben. Solche Frauen streiche ich ohnehin, so es solche auf meiner Wahlliste überhaupt gibt.

Übrigens: man verzeihe mir dieses politisch unkorrekte Schimpfwörtchen Tussi, das für Frauen und Männer gleichwertig zur Anwendung kommt. Die oder eben auch der Tussi, verstanden als ein oberflächliches, ständig daher plapperndes Dummchen, kombiniert mit einer kolossalen Selbstüberschätzung und uferlosen Ignoranz.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Nur Frauen wählen

Am 23. Oktober werden wir in der Schweiz ein neues Parlament (National- und Ständerat) wählen. Seit ich das Stimm- und Wahlrecht habe, wähle ich stets dieselbe Partei, deren Mitglied ich auch bin. Und seit rund 20 Jahren wähle ich im übrigen nur deren Frauenliste. Männer wähle ich seither nicht mehr, aus grundsätzlich-politischen Überlegungen, die ich später auflisten werde.

Auch wenn ich mit der Partei bzw. deren Frauen nicht immer einverstanden bin, bleibe ich ihr bzw. ihnen treu. Es stimmt halt schon: man wechselt eher die Partnerin bzw. den Partner als die Parteizugehörigkeit. So werde ich also auch am 23. Oktober die Frauenliste der sozialdemokratischen Partei in die Urne werfen - unverändert.

Viel Glück, liebe Frauen!

Unwiderruflich

Er sitzt gegenüber mir im Zugsabteil. Sein Atem ist schwer, sein Gesicht von Alter gezeichnet. Sein Blick ist unruhig, ja nervös, er scheint gehetzt zu sein. Ich schaue ihn wie beiläufig an, doch seine Augen scheinen die Umwelt kaum zu registrieren. Er erinnert mich an meinen verstorbenen Vater. Manchmal vermisse ich ihn, gerne würde ich mit ihm, wie damals, auf eine Zechtour gehen und über alles und nichts diskutieren. Was mich immer wieder beschäftigt (ach, das ist wohl ein zu starkes Wort) ist das absolut Unwiderrufliche am Tod.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Gute-Nacht-Lied

I want to hold your hand.
erschienen am 29. November 1963...

Sterben und Tod

Manchmal, wie angerührt, erschrecke ich ob der trivialen Tatsache, dass wir sterbliche Wesen sind. Im Alltag verdränge ich dies, doch namentlich abends oder in einem ruhigen Moment wird mir der Tod immer wieder bewusst. Ich stelle mir dann vor, wie ich in 5, 10 und 20 Jahren sein werde, äusserlich wie auch in mentaler Hinsicht. Noch kann ich es mir gar nicht vorstellen, dass ich dereinst nicht mehr werde wie selbstverständlich joggen gehen. Oder dass ich nicht mehr einfach nach Paris oder Berlin reisen kann.

Und, natürlich, ich überlege mir auch, wie dies wohl sei bzw. sein wird, wenn die Potenz irgendwann nachlässt, die Sehkraft, das Hörvermögen etc etc. Oder, wohl noch einschneidender als alles andere, wenn das Gehirn nicht mehr so funktioniert, wie man es gern hätte, und das Schlimme dabei: man registriert es sehr wohl und kann dennoch kaum etwas dagegen tun. Unaufhaltsam rast er uns entgegen, der Tod, mal in kleinen Schritten, mal in grösseren. Wann er uns abholt, wissen wir nicht. Ich möchte es auch gar nicht wissen.

Ich lebe noch.
Und ich will den Tod nicht verdrängen.
Er macht mir auch nicht gross Angst.
Angst habe ich vielmehr vor dem Sterbeprozess, vor dem langsamen Zerfall, Angst davor, abhängig zu werden, ein "Pflegefall"(was für ein Wort) zu werden.

Für nicht wenige ist der Tod "ein Skandal".
Das mag er sein, unter gewissen Voraussetzungen, namentlich dann, wenn er die natürliche Reihenfolge missachtet und zuerst die Kinder holt, und erst dann die Eltern.
Eines ist gewiss:
Mein Kind braucht mich noch. Der Tod soll mich also mal - vorerst zumindest.

Schlaflos

Woran es lag, weiss ich nicht: letzte Nacht konnte ich kaum schlafen. Ich wälze mich hin und her. Zu faul, um aufzustehen, liege ich einfach da und versuche, meine Gedanken abzuwehren, die sich um alles und nichts drehen. Immer wieder höre ich die viertelstündlichen Glockenschläge der naheliegenden reformierten Kirche. Ansonsten: nichts. Ich hoffe, dass es bald Tag werden möge, gespannt warte ich auf das erste Gezwitscher der Vögel. Dann muss ich doch noch eingeschlafen sein, Punkt 0600 Uhr bin ich wieder hellwach – auf meine innere Uhr ist offensichtlich Verlass.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Fussnoten

Gerne -wenn auch zeitweise mit Wehmut- erinnere ich mich an unser nicht alltägliches Essen, damals in "unserem" Restaurant. Ich weiss noch sehr wohl, an welchem Tisch wir sassen, auch sehe ich noch die Leute, die in unserer Nähe tafelten. Wir waren einfach da und genossen den Augenblick. Seither war ich nie mehr dort, und das Seeufer, an dem wir später Hand in Hand gingen, habe ich seither auch nie wieder gesehen. Es war ein schöner, warmer Tag. Die Zeit rann davon, keine Chance, sie aufhalten zu wollen, es sei denn, wir hätten uns gegenseitig gelangweilt.

Jene und andere kurzen Momente vertrauer Zweisamkeit haben dazu geführt, dass es seither zwischen uns so etwas wie eine gemeinsame Geschichte gibt, wenn auch bloss in Form weniger Fussnoten in unseren Biographien. Doch Fussnoten oder Randbemerkungen können für einen Menschen mehr bedeuten als ein ganzes Kapitel im Fliesstext.

Gute-Nacht-Lied

Mein heutiges Gute-Nacht-Lied stammt wieder einmal von Mozart. Ich liebe diese Salzburger Inszenierung der Entführung aus dem Serail - voller Ironie und Doppelbödigkeit. Köstlich.

Fehlende Zahnbürste


Übrigens habe ich auch keine Zahnbürste bei ihr deponiert, ebenso wenig eine Rasierklinge oder dergleichen mehr. Ich brauche dieses Provisorium, weil die Vorstellung des Dauerhaften, genauer: jenes Dauerhaften, mich beunruhigt. Meine Zahnbürste hätte ich ohnehin woanders deponiert, doch das dazugehörige Glas in jenem fernen Badezimmer ist schon längst mit einer anderen Zahnbürste besetzt, dauerhaft besetzt.