Sonntag, 28. April 2013

Raquel Camarinha



Meine Neuentdeckung:
Raquel Camarinha, Sopranistin aus Portugal.
Aktuell an der kleinsten Oper der Welt zu bewundern.
Was für eine Stimme voller Anmut, Einfallsreichtum und lyrischer Ausdrucksstärke.

Vom schmerzlich Unberechenbaren

Ich glaube an das schmerzlich Unberechenbare unseres Tuns (Max Frisch).

Das sich Bewegen in geordneten Bahnen, das blosse Verwalten des Alltags, schmerzt lange nicht, und doch kann der Zeitpunkt des Aufbegehrens kommen, manchmal plötzlich und unverhofft, einem Pfeil gleich, der wie aus dem Nichts ins Schwarze trifft. Bis dahin bleibt der Alltag ein Abhaken, ein stetes déjà-vu ohne Aufregung, kein Aufwallen des Blutes, keine Atemnot, und wenn doch, dann aus einer Beklemmung heraus: auch ein luxuriöses Gefängnis mit geregeltem Ablauf, einem höfischen Zeremoniell gleich, kann Ängste auslösen. Spätestens dann kann so etwas wie Aufbruch das Handeln bestimmen, Aufbruch hin zum Unberechenbaren und damit zum Leben, und sei es bloss für eine Episode. Und wenn in einem solch magischen Moment das Handy läutet und am anderen Ende der Ehepartner wissen möchte, was sie gerade tut und sie dabei, scheinbar locker und gar nicht  nervös, nur sagt: es geht mir gut, soll ich heute das Abendbrot besorgen?, wird das Unberechenbare ihres Tuns sie schmerzlich daran erinnern, dass sie etwas tut, was sie eigentlich nicht tun möchte und es doch tut. Weil das Leben sich nicht einsperren lässt. 

Samstag, 27. April 2013

Vom gemeinsamen Lachen in der Küche

Es gibt Sätze, die einen ganzen Sachverhalt, ja eine ganze Geschichte fokussiert auf den Punkt bringen können, das man beinahe nach Atem hecheln muss und das Buch, in dem jener Satz steht, für eine Weile erleichtert und irritiert zugleich auf die Seite legen muss. Und dabei wie selbstverständlich nicht vergisst, der entsprechenden Seite ein grosses Eselsohr zu verpassen: Sätze, die einfach sitzen und beinahe ein ganzes Leben zusammenfassen können. Paff.

Das gemeinsame Lachen nachts in der Küche hatte sie und Renz immer wieder gerettet, am Ende bringt es mehr, als gemeinsam zu kommen (Kirchhoff, die Liebe in groben Zügen, S. 254)

Freitag, 26. April 2013

Ambivalenz

Manchmal können sich glückliche und erschütternde Momente zeitgleich ereignen, man sitzt da und glaubt es nicht und ist erschüttert ob dem, was gerade passiert. Der Griff zum halbvoll gefüllten Weinglas fühlt sich gut an, Prost! und dem Gegenüber alles Gute und überhaupt: das dumpfe Gefühl, glücklich zu sein für das Leben, das man hat, und doch ist man voller Zweifel und glaubt, der Zug sei eh schon abgefahren, man sieht noch dessen Schlusslichter und fabuliert, wie es denn hätte sein können. Idiotische Gefühle an einem gewöhnlichen Freitagabend nach einer anstrengenden Arbeitswoche. Und dankbar für die Gegenwart in Abgrenzung zur Zukunft, die vielleicht schon immer da ist (im Kopf) und sich angstvoll, alt und verbraucht anfühlt. 

Donnerstag, 25. April 2013

Vollmond

Haben wir heute Vollmond? Er lässt die Nacht nicht in Ruhe und prahlt mit seiner Leuchtkraft. Was für ein Anblick. Eigentlich mag ich keine Vollmondnächte, schon gar nicht in dieser Jahreszeit. Zu intensiv und zu entlarvend, was die eigene Situation anbelangt. In verschneiten Winternächten gibt es keine Einsamkeit, in Nächten mit Vollmond allerdings schon. Andere mögen es gerade umgekehrt empfinden bzw. erleben. Der Vollmond, so meine Erfahrung, lässt keine Ruhe zu und intensiviert bloss die dümmliche Fragerei an sich selbst. Ein Glück, dass ich jetzt hundemüde bin und nur noch eines will: schlafen. Tief schlafen. 

Mittwoch, 24. April 2013

Gewohnte Bahnen

Heute bloss existiert.
Gearbeitet.
Eingekauft.
Smalltalk auf einer Sonnenterrasse inmitten der Altstadt.
Später draussen auf der Gasse.
Mild, blauer Himmel.
Einkaufen, Abendessen zubereiten. Lesen,
Hausaufgaben mit der Tochter kurz besprechen.
Da war nichts, was ausserordentlich gewesen wäre.
Zähes Dahinfliessen des Bekannten, Wohlgeordneten, Unspektakulären.
Linearität als Beruhigungspille: die Sinuskurve kann auch schrecklich mühsam sein. 

Dienstag, 23. April 2013

Stiller bleibt

Ich habe den Stiller oftmals bei mir und krame ihn hervor, wenn ich im Bus oder Zug unterwegs bin oder wenn ich gemütlich im Freibad liege (bald wieder aktuell). Wie ein Süchtiger lese ich mich immer wieder durch die Zeilen, weil sie mir jenen Stoff geben, den ich offensichtlich brauche. Zeitweise zumindest, so wie heute, an diesem sonnigen, milden Abend. Kurz vor der Zubereitung des Abendessens also noch dies (gelb markiert schon vor Jahren, und gelb wird die Stelle wohl bis zu meinem letzten Atemzug bleiben):

"Wie soll einer denn beweisen können, wer er in Wirklichkeit ist? Ich kann's nicht. Weiss ich es denn selbst, wer ich bin? Das ist die erschreckende Erkenntnis dieser Untersuchungshaft. Ich habe keine Sprache für meine Wirklichkeit" (S. 109).

Sonntag, 21. April 2013

Weder Schwarz noch Weiss
















Man kann das Bodenlose verspüren auch auf vermeintlich festem Grund,
man sieht das Netz, das uns auffangen würde,
und doch ist die sich offenbarende Tiefe unerträglich.
Glücklich sein (für kurze Momente) im Raum des prinzipiell Unglücklichen,
die Schuhe sind wasserdicht, so es nicht sintflutartig regnet.
Auch der beste Sonnenschutz kennt eine Verfallsdauer.
Hoffnung: ja, auch wenn der Grund aus blossem Schiefer besteht. 

Donnerstag, 18. April 2013

Vom Abstand

aufgeschnappt bei Kirchhoff:
Lieber gesunder Abstand statt falsche Nähe. 
Wie wahr ! 

Wunschlos glücklich

Wunschlos glücklich sein. Wie ist dieser Zustand zu erreichen?
Aus Einsicht, dass es so, wie es ist, gut ist?
Aus Bescheidenheit, weil mehr zu wollen nur einer Gier entspräche?
Ist es überhaupt erstrebenswert, wunschlos glücklich zu sein?
Nicht mehr zu wollen als das, was ist.

Anders gefragt:
wie wird man so frei, unabhängig vom Äusseren wunschlos glücklich zu sein? Denn darum ginge es wohl letztlich, unabhängig zu sein von äusseren Bedingungen. Doch wer kann das schon? Ich jedenfalls nicht, auch wenn ich mich bemühe. Ich schaue mir den Himmel an, er ist bedeckt, die Luft: angenehm mild. Ich sitze draussen auf der Terrasse, ein kleines Lüftchen geht und Besuch ist angesagt. Ich trinke ein Gläschen Wein (Rosé), esse ein Stückchen Käse (Appenzeller, sehr rezent). Und da sind noch Erdbeeren (aus Spanien, was unökologisch ist, ich weiss). Und weshalb bin ich doch nicht restlos glücklich? Wann wäre denn dieser Zustand erreicht?
Weisst Du es immer so genau, Du, die gerade diese Zeilen liest? Dann verrate mir Dein Geheimnis. 

Mittwoch, 17. April 2013

heisser Sand unter den Füssen

Bei frühsommerlichen Temperaturen kommen Bilder hoch, unbestellt und ungewollt.
Damals im Sommer
heisser Sand unter den Füssen und zwischen den Zehen
und dann
der rettende Sprung auf das Badetuch.
Grosser Sonnenschirm, nackte Haut und
die wiederkehrenden Rufe des Gelativerkäufers.
Auf und ab und immer wieder ins offene Meer.
Abends auf der Hotelterrasse Blick auf das offene Meer.
E la nave va.
Auf den Schulterblättern der obligate Sonnenbrand.
Die klammheimliche
unschuldige
Lust des Bengels auf Abenteuer,
worin diese auch immer bestehen mögen.
Es wird noch in Lire bezahlt.
Der Himmel dunkelblau,
die Geräusche der Brandung deutlich zu vernehmen.
Der Hotelpool ist längst geschlossen,
aber wen kümmert das schon.
Wir drehen einige Runden, der Vater gesellt sich dazu.
Das Gefühl, es könnte immer so sein.
Unbeschwert die Tage verbringen,
nachts die Schmerzen der Sonne auf der Haut bemerken,
so dass man sich ständig wälzen muss
und Zeit hat, Jagd auf Stechmücken zu veranstalten.
Jeder Volltreffer ergibt eine weitere blutige Spur auf der Wand des Hotelzimmers.
Morgens auf der Hotelterrasse der Blick auf das offene Meer,
unvermeidbar.
Frühstück mit italienischem Streichkäse, mit Früchten und hellem Brot.
Leichte Brise.
Durchatmen.
Sehnsucht nach dem italienischen Licht,
nach dem Geruch von Salzwasser und eingemachten Gemüsen.
So muss es gewesen sein,
beinahe
Sommer für Sommer,
in Diano-Marina.

Dienstag, 16. April 2013

Schlafsuche

Und für heute noch dies (auf der Suche nach Schlaf)

Vom Liebessehnen

Das Liebessehnen (...) besteht aus Warten, Warten auf den einen, erlösenden anderen, auf sein Ja und Amen zu allem; und was kann eine Geduldsprobe erträglicher machen als der Schlaf. Bis man erwacht und das Ganze von vorn anfängt (Kirchhoff, die Liebe in groben Zügen, S. 135).

Dieses Warten kann krank machen, liebeskrank, genauer: krank vor Sehnsucht.
Allfälliges Gegengift:
Nietzsche, dessen Warten am See ein Warten auf Nichts ist: ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.
Ich weiss nicht, woran ich glauben/hoffen/zweifeln soll.  

Sonntag, 14. April 2013

Vom heilsamsten Schrecken des Lebens

Das Buch, das ich gegen die Schlaflosigkeit besorgt habe, beschert mir atemraubende Momente. Die Sätze sitzen, sind durchkomponiert, da ist kein Zwischenton zuviel oder zuwenig, der Rhythmus gerade richtig, das Tempo: mal Andante, dann Presto wie angeschossen. Es ist Literatur, wie ich sie schon lange nicht mehr gelesen habe, weil sie antreibt und schonungslos den Spiegel vorhält. Und es ist meiner Auffassung nach kein Eheroman per se, es könnte sich ebenso um eine Beziehung schlechthin handeln, die hier chirurgisch exakt (da messerscharf in der Analyse) abgehandelt wird -jeder Schnitt ein Volltreffer. So bin ich heute Nachmittag auf der Terrasse unter dem grossen Sonnenschirm Seite für Seite vorangekommen, dazu die erfrischende Ruhe eines ruhigen Sonntagnachmittags in einem ruhigen Stadtquartier mit Blick auf die Alpen, diese immer noch wunderbar verschneit und zum Greifen nahe. Jetzt: Abendrot, kichernde Mädchen unten im Garten, und die Vögel geben ihr Abendkonzert.

Und ich lese auf S. 101:
Liebe kommt auf uns zu, nicht andersherum, wir können ihr nur davonlaufen, sie als trauriger Sieger abhängen, oder den Atem anhalten, wenn sie plötzlich wie etwas Drittes neben uns und dem anderen steht; ein Schrecken fast ohne Vorzeichen, wohl der heilsamste, den das Leben bereithält. 

Ich unterstreiche:
den Atem anhalten; 
...der heilsamste, den das Leben bereithält. 
Und natürlich: wir können ihr nur davonlaufen.
Nein, ich unterstreiche den gesamten Absatz.
Restlos, mit gelbem Stabilo boss. 

Samstag, 13. April 2013

Vom passiven Leben

Je breiter der Bildschirm eines Fernsehers im Wohnzimmer
umso weniger
gelebtes Leben.
Stattdessen:
virtuelles Leben, ausgelebt im passivem Glotzen
irgendwelcher Serien,
derweil das Leben

draussen
vorüber zieht. 

Donnerstag, 11. April 2013

Die Liebe in groben Zügen

Heute nach Feierabend bin ich in die Buchhandlung gegangen auf der Suche nach einem so richtig dicken Buch, das etwas zu erzählen hat. Einen Buch voller Leben und Leidenschaft und mit Menschen, die nicht aufhören zu suchen. Ich glaube, dass ich fündig geworden bin. Ich habe Bodo Kirchhoffs Roman "die Liebe in groben Zügen" gekauft. Ich konnte mich schnell entscheiden, der Roman packte mich gleich in seiner Ouvertüre auf S. 9. Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam. Und ihre Erfüllung? Ist alles und nichts, ein Ewig bis auf weiteres.

Schlaflose Nächte mögen jetzt Willkommen sein. Ich werde sie mit diesem dicken Buch, das 670 Seiten umfasst, zu verbringen wissen. 

Frühling in Aussicht

Frühling jetzt - morgen noch viel Regen.
Samstag und Sonntag: Temperaturen um die 18 Grad.

Mittwoch, 10. April 2013

Von den Schnürsenkeln

Letzte Nacht war wie vorletzte Nacht.
Nur die kreisenden Gedanken waren andere. 
Teilweise zumindest. 
Absurde Ängste suchen mich heim. 
Ängste, die eine ferne Zukunft betreffen.
Wer wird mir
dereinst
die Schnürsenkel binden,
wenn ich es nicht mehr kann? 
Wer wird mich waschen,
wenn ich es nicht mehr kann?
Finale Frage:
wer wird mich noch lieben?
Wen werde ich 
dannzumal
lieben?
Wie lieben?
Wie wird sich das anfühlen?
Um 0500 Uhr hat mich der Schlaf erlöst.
Um 0600 Uhr ging der Wecker, gnadenlos.
Ich stehe auf und stelle mich dem Alltag.
Über die Schnürsenkel 
mag ich
nicht mehr
nachdenken.
Und ja: 
morgen
kann ich schon tot sein.

Dienstag, 9. April 2013

Schlaflos, einmal mehr

Es hat keinen Sinn, gegen die Schlaflosigkeit anrennen zu wollen.
Vorletzte Nacht schlief ich wunderbar durch. Die anderen Nächte zuvor auch.
Doch diese Nacht...ist innere Unruhe angesagt.
Ohne Grund, glaube ich.
Nichts hilft gegen die Schlaflosigkeit, und wenn doch, dann dies:
ich heisse sie Willkommen.
In meinem Kopf dreht sich alles drunter und drüber.
Episoden längst vergangener Zeiten sind präsent.
Ich als Kind, und dann: ich als Vater im Sandkasten.
Backe backe Kuchen.
Ich als Jugendlicher beim Fussballspielen. Stürmer rechts, gute Technik, gute Kondition.
Ist ja lange her.
Fussball spiele ich aber immer noch.
Und ich denke an die Schhreibmaschine. Ein seltsames Wort.
Maschine des Schreibens, als ob es so etwas je gegeben hätte.
Meine erste Proseminararbeit verfasste ich auf einer so altertümlichen Maschine.
Mit Kugelkopf, hach, war das modern, damals.
Und dabei ist es ja gar nicht lange her.
Heute sind diese angeblichen Maschinen des Schreibens im Museum.
Und jene, die daran vorbeilaufen, staunen dann und wann.
Guck mal, Papa, dieses lustige Ding da!
Ja ja, eine Schreibmaschine.
Ich habe Mühe, mein Denken -wirr und durcheinander- in Grenzen zu halten.
Ich will schlafen und kämpfe gegen die Verklärung des längst Verflossenen.
Gegen die Idiotie der Melancholie.
Ich tippe Sätze, das tut mir gut.
Eine Ventilfunktion.
Und dann.
ich in Wien, 8. Bezirk! Frühling, lange Strassen. Eine gute Zeit.
ich in Düsseldorf, am Ufer des Rheins. Das war schön.
ich auf einer Insel (die wir so nannten), mit Ausstellungsräumen und viel Grünfläche.
Wir am Sitzen auf einer Bank, und niemand schaut uns zu.
Bitte verschone mich, nächtliche Melancholie.
Ich will lieber an heute denken, an das, was ist.
Doch was heisst das schon?
Ich schaue auf die Uhr des PC.
04.56 Uhr.
Ich verspüre jetzt den Hauch einer Müdigkeit.
Es tut gut zu schreiben.
Die Vergangenheit abzutippen.
Eine Stunde Schlaf noch, das wünsch ich mir.

Nachtrag (0630 Uhr)
1,5 Stunden Schlaf im Anschluss an meine Schlaflosigkeit.
Nun duschen, frühstücken, in der Zeitung blättern, Musik hören
Ich bin einigermassen fit für den Arbeitstag

Sonntag, 7. April 2013

Lamento

Vor dem Zubettgehen.
Und dazu ein kühles Blondes.

Mutlosigkeit

zum Beispiel:
Die Unfähigkeit, die inneren Grenzen zu überschreiten.
Die Angst, Terrain zu verlieren.
Verharren im Bekannten.
Leisetreten.
Nie ohne Netz sich fortbewegen.
Vollkasko.

"Sei mutig"! höre ich mich rufen,
wenn meine Tochter
etwas ängstlich ist.
"Und was machst du"? lautete die adäquate Frage.
Gute Frage !

(Danke dir, A., für den Hinweis)

Samstag, 6. April 2013

Ein wenig Sonne...:-)

Der graue Deckel bekommt Risse....kühl ist es zwar nach wie vor, doch die Sonne scheint....! wie durch ein Milchglas. Höchste Zeit zum Joggen (eine kleine Runde).
Und im Kopfhörer dies

An diesem grauen Samstag

Wenn Frisch von der Obsession spricht, Sätze zu tippen (er benutzte hierfür eine Hermes-Baby), so geht es mir ähnlich: zeitweise muss ich schreiben, obwohl ich zu Beginn des Schreibeprozesses gar nicht weiss, wohin mich die Reise führt. Was vielleicht auch gar nicht notwendig ist. So wie heute Morgen. Indem ich schreibe, vermag ich etwas Licht in mein inneres Durcheinander zu bringen. Das Schreiben eines Tagebuchs hat mehrere Ziele, die meisten davon liegen unausgesprochen vor mir. Sicher geht es auch darum, gegen das Vergessen anzurennen, festzuhalten, was war bzw. hätte sein sollen. Und was sollte heute sein, an diesem grauen Vormittag eines gewöhnlichen kühl-regnerischen Samstags im April? Ganz ehrlich weiss ich es nicht. Ich bin in mentaler Hinsicht zeitweise undiszipliniert, meine Wünsche bzw. inneren Bilder pendeln zwischen Abflughallen und nordischen Meeresstränden, zwischen Wäldern im Norden Frankreichs und dem Hochgebirge im Engadin.

Die Zeit: ein knappes Gut. Und unbarmherzig in seinem Tempo. Ich nehme ein Fotoalbum hervor - auch eine Art Tagebuch, nur dass es bebildert ist.
1986 (zum Beispiel). War das nicht eben gestern? Ostberlin. Mauer. Manfred im Palast der Republik, lächelnd und überzeugt von dem, was er mir erzählt. Prenzlauer Berg. Später Weimar.
1988 (zum Beispiel). Kalifornien. Nappa Valley. Grand Canyon. Nevada. Und später auch Hawaii.
.......
.......
Wo ist die Zeit geblieben? Kaum etwas erlebt, findet es Eingang in ein Fotoalbum. Erinnerungen werden archiviert, festgehalten, um sich später (was heisst das schon) wiederum daran zu erinnern, wie es war. Oder wie wir es uns denken, wie es damals war oder hätte sein können. Erinnerungen als Tankstelle für die mitunter ungelebte Gegenwart, die da wäre: Haushalt besorgen, einkaufen, Mutter besuchen, lesen. Abends im Stadttheater. Besuch. Rotwein. Und dazwischen immer wieder Bilder, unstrukturiert, ich als Kind (zum Beispiel) oder später am Herumkraxeln auf dem Half Dome. Was für ein Aufstieg, damals. 

Freitag, 5. April 2013

Der Vogel im Käfig (oder: nochmals von der Entführung)

Ich bin ein Vogel im goldenen Käfig, schreibt Morgenrot.
Sind wir nicht alle (unabhängig von unserem Zivilstand und Alter) in unseren Käfigen gefangen, wohlbehütet, und doch: da fehlt doch etwas Wesentliches. Das Gespräch, Gegenüber, Eigenleben, Sinnlichkeit, die mich mich fühlen lässt.
Vielleicht müssen wir uns vermehrt auf die Suche nach unserem Innern machen, das innere Kind in uns spüren und dieses vor allem befreien, damit wir uns befreien können. Die Konventionen als solche erkennen und damit demaskieren, vielleicht, jedenfalls sich der Mechanismen der inneren Gefangenschaft bewusst werden, um überhaupt handlungsfähig zu sein.
Warum tun wir uns so verdammt schwer, aus dem Käfig zu fliegen?
Wohin geht die Reise, unsere Reise, unsere Lebensreise?
Morgen Abend werde ich mir wiederum Mozarts Entführung aus dem Serail an unserem Stadttheater zu Gemüte führen und dabei auch mich auf der Bühne ertappen und nicht wenige, deren Blogs ich lese.
Konstanze begibt sich auf ihre innere Traumreise, um sich selbst zu erkennen.....mögen wir es ihr gleichtun.

Donnerstag, 4. April 2013

Alltag

Ich lebe meinen Alltag, d.h. ich stelle mich ihm. Ich arbeite, gehe einkaufen, joggen, bin am Lesen, Kochen, Duschen....da ist nichts, was meinen Alltag aus den Fugen bringen würde. Manchmal erfahre ich allerdings Brüche, Unebenheiten, Unsicherheiten und gelegentlich auch Abstürze. Aber es sind im Grunde der Dinge blosse grippale Infekte, mehr nicht, die bald einmal wieder vorüberziehen.

Alltag.
Das Wort beinhaltet eine gewisse Enge.
Und es bedeutet aber auch Sicherheit, Vertrauen.
Dem Alltag muss man zeitweise einen Abschiedskuss geben (H. Knef).
Abtauchen.
Offline sein im weitesten Sinn des Wortes.
Sich dabei verlieren, wie man sich in einer fremden Stadt verlieren kann.
Dem Alltag ein Schnippchen schlagen, sich ihm nicht zu erkennen geben.
Ihm die kalte Schulter zeigen.

Zum Schluss noch dies:
Die Gewohnheit ist ein Seil: wir weben jeden Tag einen Faden, und schliesslich
können wir es nicht mehr zerreissen. 
Horace Mann

Montag, 1. April 2013

Unersättlichkeit

Dieses naive Verlangen,
das Erlebte
und doch nur scheinbar Bekannte (?)
immer wieder neu
zu erleben,
durchzuleben.
Den ersten Sonnenaufgang am Meer
oder im Hochgebirge,
den ersten Kuss,
die erste Liebe,
jenes unbeschreibliche Gefühl
des steten Entdeckens,
jenes Gefühl der Hoch-Zeit
im besten Sinn des Wortes,
ist Motor und Lähmung zugleich.
Illusionen
im steten
Wettkampf
mit dem sog. Vernünftigen.
Die schöne Seele
sähe anders aus.

Fortsetzung
folgt