Seit rund 25 Jahren gehe ich regelmässig nach Berlin. In Berlin-Mitte kann ich mich stundenlang ziellos auf die Beine machen, um mal hier, mal dort zu landen und mich überraschen zu lassen. Im Prenzlauer Berg mag ich die vielen originellen Einrichtungen, die Parkanlagen, die Beizen und die Galerien. Ich mag Berlin, gerade weil die Stadt offene Wunden hat, mit denen sie, so mein Empfinden, zumindest bisher gut umgeht. Berlin ist nicht "nett" wie Paris oder Wien. Berlin ist ein grosses, weites Dorf, das gerne (wieder) Weltstadt sein möchte und uns immer wieder herausfordert - kulturell und in jedem Fall historisch.
Den Beschluss, das Stadtschloss wieder aufzubauen, finde ich eine kolossale Fehlentscheidung. Ich erkenne darin eine Tendenz, die Geschichte zu revidieren und die historischen Geschehnisse schleichend aus dem Stadtbild zu vertilgen. Letztlich läuft es darauf hinaus, so zu tun, als hätte es gewisse historische Phasen nie gegeben, stattdessen wird eine historische Kontinuität vorgegaukelt, die es so nie gab. Vielmehr gab es zahlreiche Brüche nicht nur in historischer, sondern auch in städtebaulicher Hinsicht. Berlin wurde bekanntlich von Katastrophen aller Art heimgesucht. Diese sichtbar zu machen und sichtbar zu lassen (!) ist historisches Gebot der heutigen und zukünftigen Generationen.
Was soll dieser Beschluss? Geht es darum, das, was -wem auch immer- missfällt, aus dem kollektiven Bewusstsein zu verbannen oder museal zu entsorgen?
Ich mag barocke Schlösser sehr - aber bitte nur im Original.
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