Donnerstag, 26. August 2010

Allein einschlafen, allein aufwachen, allein frühstücken

Manchmal leide ich darunter, allein einzuschlafen bzw. aufzuwachen und zu frühstücken, vielleicht, weil ich mich in meinen Zukunftsphantasien (die ich als mögliche Szenarien unter mehreren verstehe) zeitweise verliere und mich zum Beispiel als alten Mann sehe, der allein im Altersheim sitzt und über sein verflossenes Leben nachdenkt. In der letzten Zeit bin ich mir jedoch gar nicht mehr so sicher, ob ich den Zustand des "allein sein" nachhaltig ändern möchte. Weil sich, ich ahne es, bald einmal die Routine (und damit die Selbstverständlichkeiten) einschleichen würde, und wenn die Routine das Geschehen zu dominieren beginnt, so ist man letztlich wieder allein, weil die Routine das Leben und damit das Lebendige und Spontane wenn nicht ausschliesst, so doch einschränkt. Viele Paare, die sogenannt zusammen leben, schlafen faktisch allein ein (auch wenn sie im gleichen Bett liegen), wachen allein auf (auch wenn sie, wie am Abend zuvor, morgens immer noch im gleichen Bett liegen) und frühstücken allein (auch wenn sie am gleichen Tisch sitzen). Weil sie sich wenig oder gar nichts (mehr) zu sagen haben, weil das Feuer nicht mehr lodert, weil die Routine den Alltag beherrscht, weil, trivial gesprochen, die Liebe, genauer: die Leidenschaft und die gegenseitige Neugier in einem gewissen Sinne erloschen sind, und weil der Alltag halt auch seinen Tribut fordert.

Ich stelle mir vor
Sie: ich gehe jetzt schlafen, es ist 22 Uhr, ich muss morgen früh aufstehen.
Er: Ich schaue den Film noch zu Ende
Sie (tut überrascht): Muss das sein?
Er (gelangweilt): Nichts muss sein, aber ich will den Schluss noch sehen. Ob sie ihn wirklich umgebracht hat? Ich glaube, es war doch der Koch?
Sie (vorwurfsvoll): Hast Du die Einzahlungen eigentlich schon gemacht?
Er (in provokativ ruhigem Ton): Kümmere dich um deine Hausaufgaben, und ich erledige meine.
Sie (nach einer kurzen Pause): ich warte, bis du auch ins Bett kommst.
Er (überrascht): wozu denn? Ich bin müde.
Sie (leicht genervt): Eben, dann komm ins Bett
Er (leicht trotzig): Nein, ich komme, wenn der Film beendet ist .
Sie (gelangweilt): du kannst ihn ja aufnehmen
Er (bestimmt): Nerv mich bitte nicht mehr, okay?
Sie (ebenso bestimmt): ich gehe jetzt schlafen, Tschüss!
Er (gelangweilt): Tschüss, schlaf gut und bis morgen!
Sie (nach einer Weile): komm doch jetzt, ich bin im Bett
Er (gähnend): ja, jetzt komm ich auch, bin hundemüde.
Sie (gähnend): ich auch
Er (immer noch gähnend, jetzt aber noch lauter): sehr gut

Vielleicht rede ich mir dies alles bloss ein, das heisst, ich konstruiere aus meiner aktuellen Lebenssituation (die ich allenfalls als bedrohlich empfinde, nur dass ich mir dies nicht eingestehen möchte) eine Stärke, mime also den souveränen Menschen, der die Mechanismen von Partnerschaften zu durchschauen glaubt und liebend gerne darauf verzichtet.

Und dabei würde ich doch insgeheim noch so gerne nicht mehr allein
- einschlafen
- aufwachen
- frühstücken wollen

Was gilt jetzt wohl?
Ich weiss es ehrlich gesagt nicht.
Ich müsste es vermutlich ausprobieren.

1 Kommentar:

  1. Lieber Peter,
    ich glaube fest daran, dass das, was man hat, man auch will. Was man nicht hat, will man auch nicht wirklich, da das Unterbewusste stärker ist, als das Bewusste und aus der Tiefe heraus steuert.
    Lieber Gruß
    autumn

    AntwortenLöschen