Donnerstag, 27. Februar 2014

Von der Biografie

Am Anfang einer neuen Beziehung ist das Wissen über das Gegenüber noch sehr klein: Schritt für Schritt lernt man ihn kennen. Dieser Erfahrungsschatz erweitert sich naturgemäss, je mehr das Paar in Situationen gerät, die auch aussergewöhnlichen Charakter annehmen können. Doch wie soll man mit der sog. Vergangenheit umgehen? Wie weit ist man bereit, seinen Rucksack, den man mit sich trägt, zu öffnen?

Die eine Variante mag darin liegen zu argumentieren: ich möchte lieber nicht "zu viel" wissen über die Vergangenheit meines Partners, denn was vergangen ist, ist vergangen. Daran glaube ich nicht. Denn Vergangenheit ist nie gänzlich abgeschlossen. Um zu verstehen, warum jemand ist, wie er ist, muss man seine Vergangenheit kennen. Sinngemäss gilt das auch für das Verstehen einer Gesellschaft und ihrer Geschichte.

Ich will gerne wissen, wie mein Gegenüber "früher" war: je mehr ich darüber weiss, umso besser. Auch wenn die jeweiligen Geschichten bzw. Erfahrungen, die mit ihnen verknüpft sind, weit zurückliegen: sie sind fester Bestandteil der Biografie, der nicht zu leugnen ist. Andere mögen einwenden: bloss nicht zu viel wissen! Dieser Einwand kommt interessanterweise häufig im Zusammenhang mit dem erlebten Liebesleben zum Tragen, indem die Vergangenheit des einen die Eifersucht des anderen im Hier und Jetzt hervorrufen kann. Dagegen bin ich auch nicht vollumfänglich gefeit. Vielleicht hat dies auch mit überbordender Phantasie zu tun, wonach eine angeblich längst verflossene Liebe des Partners sehr wohl noch präsent sein mag.

Trotzdem will ich die Biografie meines Gegenübers kennen, einschliesslich ihrer Brüche und Abgründe. Und ich bin bereit, meinen Rucksack ebenso weit zu öffnen. 

Dienstag, 25. Februar 2014

Von männlichen Waschlappen

Ich zitiere aus der Basler Zeitung folgendes:
Was halten junge Frauen von Partnern als Teilzeit arbeitenden «ganzen Männern»? Können sie sich Hausmänner vorstellen, die kochen, putzen, und Kinder wickeln? BaZ-Kolumnistin Tamara Wernli, BaZ-Redaktorin Denise Muchenberger sowie die beiden BaZ-Mitarbeiterinnen Nadine Brügger und Pauline Pfirter legen hier ihre persönliche Sicht dar. Das Fazit ist bemerkenswert: Alle wünschen sich zwar gleichberechtigte Partner, aber keine Hausmänner, die den Haushalt schmeissen und die Familie organisieren. Sie befürchten, dass diese Männer bald keine «ganzen Männer» mehr sind, und stellen die Frage: Wie sexy ist ein Waschlappen?

Womit wir wieder einmal bei der ausgelutschten Frage wären:
wann ist ein Mann ein Mann?
Die Frauenwelt, zumindest ein Teil davon, weiss darauf eine klare Antwort.

Na also, Ihr männlichen Weicheier, lasst das sein mit den Windeln wechseln und dem ganzen Kinder-Krimskrams und dem Sandkastenspiel, das wäre alles passé und ist zudem höchst unerotisch. Jawoll.

Ach, das waren Zeiten, als es noch richtige Kerls gab -  Machos, die wussten, was Sache ist.
(Achtung, Ironie - aber nicht nur: Spurensuche)

Samstag, 22. Februar 2014

Gleichberechtigter Sex (?!)

Ich bin gespannt auf einen Beitrag zum Thema "Gleichberechtigung", der morgen in der NZZ am Sonntag erscheinen wird. Die Vorschau zu diesem Artikel macht neugierig: Männer, so heisst es da, kümmern sich heutzutage um die Kinder, waschen, putzen, bügeln, kaufen ein, legen die Wäsche zusammen....das alles klinge perfekt, da Mann und Frau unter diesen Bedingungen gleichberechtigt seien.

Beinahe alles sei perfekt.
Nur der Sex, der sei nicht perfekt.

Muss also demzufolge der Sex eben gerade nicht gleichberechtigt sein, damit er auch gut ist?
Was wäre denn überhaupt "gleichberechtigter Sex"? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.
Weil Sex per se an Macht gekoppelt ist.

Sex ist die Antithese zum "Gewöhnlichen" und damit zum Alltag.
Sex kann und soll gar nicht "gleichberechtigt" sein, weil unter diesen Bedingungen all die (erotischen und sexuellen) Spannungen, die zwischen Mann und Frau herrschen (zum Glück!), verleugnet würden: Mann und Frau würden im sexuellen Akt gleichsam austauschbar.

Neulich hat mir eine -ich darf ruhig schreiben sehr emanzipierte und kluge- Frau gesagt:
Männer, die im Schlafzimmer eine gleichberechtigte Partnerin wollten, seien Waschlappen.

Ich konnte nicht widersprechen.

Dienstag, 18. Februar 2014

Von durchbrennenden Sicherungen

Nach dem letzten Abstimmungswochenende in der Schweiz zur sog. "Masseneinwanderung" scheinen da und dort die Sicherungen durchzubrennen. Wohlgemerkt: ich gehöre zu jenen, welche die Initiative abgelehnt haben. Aber als Demokrat habe ich zu akzeptieren, dass ich, wenn auch verdammt knapp, unterlegen bin. So sind nun mal die Spielregeln.

Viele, namentlich ausländische Beobachter, scheinen von der direkten Demokratie nichts verstanden zu haben. Beschimpfungen helfen da nicht weiter, plumpe Drohungen ebenso wenig. Überhaupt bin ich erstaunt, mit welcher Naivität die Personenfreizügigkeit da und dort euphorisch gepriesen wird. Dabei ist diese, bei nüchterner Betrachtung, vorab ein neoliberales Konstrukt, das darin besteht, jederzeit über adäquates Personal zu verfügen - zu welchen tiefen Löhnen auch immer. In der Schweiz hat dies u.a. dazu geführt, dass namentlich Grossbetriebe die (betriebsinterne) Weiterbildung sträflich vernachlässigt haben: in Europa hat es ja genügend Leute! Auch die hiesigen Universitäten haben die gezielte Förderung des Mittelbaus sträflich vernachlässigt und den bequemen Weg des europaweiten Angelns gewählt.

Absolut inakzeptabel und kontraproduktiv sind trotzige Reaktionen frustrierter Zeitgenossen, die infolge des Abstimmungsergebnisses ihren wahren Geist offenbaren, wie hier geschehen. Ich staune, was da für Figuren, sogenannte "Eliten", universitäre Karrieren absolvieren und, bar jeglicher Kenntnis, zu billigster Polemik greifen müssen. Demokratischer Anstand äussert sich namentlich darin, Respekt zu haben vor einem Resultat und diesen schlicht zu akzeptieren.

Liebe Leute da und dort: hört jetzt auf zu jammern. Zur direkten Demokratie gehört es auch, zu verlieren. Punkt. Daraus soll man keine Staatskrise oder den halben Weltuntergang herbeireden. Und die europäischen Technokraten müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass es auch ein Volk gibt, das, ach Gott!, dann und wann den Gottesdienst stört und anders entscheidet, als es die sog. und selbst ernannten "Eliten" gerne hätten. Kein Vertrag ist ewiger Natur. Alles fliesst - auch in der Politik. 

Freitag, 14. Februar 2014

Von Abstimmungen

Zurück aus den Ferien und damit zurück im Alltag. Natürlich, das Abstimmungsresultat hat auch mich -wen nicht- bewegt. An dieser Stelle nur einige Randbemerkungen.

Schweizer Stimmberechtigte reagieren grossmehrheitlich allergisch, wenn aus dem Ausland vor einem Abstimmungstermin Drohgebärden ausgesprochen werden. Denn dann passiert genau das Gegenteil dessen, was man sich im Ausland erhoffte. Und nicht jedes Ja zur Initiative war fremdenfeindlich motiviert: so trivial ist es nicht. Die deutschen Leser/innen frage ich: was wäre in Deutschland, wenn jährlich eine Nettozuwanderung von 800'000 Personen, konzentriert auf die grossen Wirtschaftsräume Stuttgart, München, Frankfurt und Hamburg, zu verzeichnen wäre? Das ist nicht nichts, und damit muss man umgehen können: nicht nur die übervollen Pendlerzüge morgens und abends werden da zu einem handfesten Problem, das nicht ruckzuck-zackzack aus der Welt zu schaffen ist. Steigender Wohnraumbedarf, damit einhergehend: steigende Preise sind naturgemäss Begleiterscheinungen einer starken Zuwanderung - fragt sich bloss, wie eine Gesellschaft damit umgeht. Und ja, nicht alle Schweizer/innen mögen deutsche Vorgesetzte, da sind zahlreiche Missverständnisse an der Tagesordnung: wir sprechen zwar alle Deutsch, doch kulturell gibt es eben doch beachtliche Unterschiede, die man zu berücksichtigen hat -notabene auf beiden Seiten.
Und so weiter.
Direkte Demokratie war noch nie eine einfache Staatsform.

Donnerstag, 6. Februar 2014